Die neue Logitech Harmony Touch: Eine Enttäuschung (wenn auch auf hohem Niveau)

Marcel Am 16.10.2012 veröffentlicht Lesezeit etwa 8:45 Minuten

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Seit ein paar Wochen nun ist die Harmony Touch der Öffentlichkeit bekannt und auch ich habe mich auf das Modell gefreut – schließlich bin ich überzeugter Nutzer der Harmony 900. Nach etlichen Tests bin ich dazu gekommen, dass Logitech die besten Universalfernbedienungen auf den Markt wirft, folglich waren natürlich auch die Erwartungen an die Harmony Touch hoch.

Hört sich negativ an? Das lasse ich dann mal so stehen und kann vorab sagen, dass ich in meinem Test nicht sonderlich begeistert war. Ich habe einmal versucht, alles zu dokumentieren, daher wundert euch nicht, sollte der Text ein wenig länger werden. Wer kein Bock auf Blabla und Blubbblubb hat, der scrollt einfach bis zum Ende: Dort findet ihr die Zusammenfassung.

Der Lieferumfang der Harmony Touch

Die Verpackung der Harmony Touch ist irgendwie typisch für heutige Gadgets: Ein Pappkarton mit Deckel. Apple. Samsung. Logitech. Haben alle die gleichen Verpackungen. Aber gut: Sieht edler aus als diese billigen Wabbelkartons. Und eigentlich auch nicht wichtig.^^

Zum Lieferumfang gehört neben der Harmony Touch eine Ladestation (in die die Harmony Touch gestellt wird, nicht gelegt), Stromkabel mit Adapter für EU und Ausland. MicroUSB-Kabel für die Synchronisierung, und ein Packet mit Handbüchern. Braucht wer?

Die Ladestation sieht schick aus – Hochglanz halt. Optisch nett, im Alltag weniger praktisch. Trotzdem überall verwendet – ich werde es wohl nie verstehen…

Die Harmony Touch

Kommen wir doch von der kurzen Einleitung der Verpackung direkt zur Harmony Touch. Sie besitzt einen 2,4 Zoll großen Touchscreen und ist natürlich durch den Wegfall der Zifferntasten in der Länge her geschrumpft – im Vergleich zur Harmony One und Harmony 900.

Die Oberfläche besteht – wie auch die Ladestation – aus schwarzem Hochglanz. Die Tasten sind aus schwarzem, leicht glänzenden Plastik. Während die Oberfläche Fingerabdrücke magisch anzieht, sind die Tasten aber soweit wie ich es beurteilen konnte recht abweisend.

Die Unterseite und auch das untere Ende der Harmony Touch besteht aus angerautem Kunststoff – alles in allem liegt sie super in der Hand und ist eben auch für kleinere Hände geeignet.

Der Infrarotsensor liegt nun an der Unterseite der Touch, im Gegensatz zur Harmony 900 zum Beispiel besitzt sie nur einen Sensor. Zu den Tasten kann man jedoch nicht viel sagen: Sie haben einen sehr netten Druckpunkt und senden ohne Verzögerung. Rein technisch also ein absolutes Must-Have-Gadget…

Die Einrichtung der Harmony Touch

Die Einrichtung erfolgt nicht mehr per extra Software, sondern über MyHarmony.com. Zum Start vor einigen Monaten gab es zahlreiche Kritik, die ich aber nicht wirklich bestätigen kann – auch wenn es hier und da schon sehr hakt. Kurz nach dem ersten Anschluss an den Rechner zeigt die Harmony Touch den entsprechenden Link an. Einziger Haken an der Sache: Unter Mac OS X werden nur Firefox und Safari unterstützt, unter Windows dann eben auch der IE und Chrome. Aber gut, schnell zum Firefox geswitcht und weiter geht’s.

Als erstes muss man sich erst einmal registrieren – passt sicherlich nicht jedem, hat aber den Vorteil, dass ihr von jedem Rechner aus eure Harmony-Fernbedienungskonfiguration ändern könnt. Dann schon der nächste Haken: Denn ihr benötigt sowohl das Silverlight-Plugin, als auch die Harmony-Software – letzteres wohl für die Treiber, denn eine Konfiguration der Harmony Touch ist damit nicht möglich.

Aber wir sind ja nicht so, und so jagen wir Silverlight auf den Mac und können die Sekunden zählen, bis der Lüfter hochdreht – ist bei Flash ja nicht anders. Ich muss ganz ehrlich sagen: Einfach, aber hier hätte Logitech sich etwas eleganteres einfallen lassen können. Was? Nu, ich weiß es halt auch nicht, wird aber sicherlich viele abschrecken.

Die ersten Geräte können kommen

Nachdem wir alles erledigt haben, werden wir dann auch endlich zur Harmony-Einrichtung weitergeleitet. Nach ein paar kurzen Infos können wir auch schon unser erstes Gerät angeben:

Also geben wir hier erst einmal der Reihe nach alle unsere Geräte an. Fernseher. Streamingkiste. Konsole. Whatever. Logitech kann mit einer der Gerätebezeichnung nichts anfangen? Dann bekommt ihr Vorschläge angezeigt. Auch nichts? Dann müsst ihr manuell konfigurieren – die Harmony Touch lernt dabei die Tasten der Originalfernbedienung.

Nach jedem Gerät bekommen wir eine Übersicht über die bereits gespeicherten Gerätschaften angezeigt; übrigens sind bis zu 15 Geräte möglich.

Die Aktionen konfigurieren

Die Aktionen sind seit jeder fester Bestandteil einer Harmony – darauf baut alles auf. Ihr steuert also nicht unbedingt nur das Gerät, sondern die ganze Aktion an sich. Beispiel gefällig? Bitte sehr:

Ihr habt einen Fernseher, einen DVD-Player und ein Soundsystem. Der Fernseher liefert das Bild, der Player das Medium und das Soundsystem den Sound. Soweit so gut. Mit einer normalen Fernbedienung würdet ihr nun alle Geräte einschalten, den Fernseher auf den DVD-Player-Eingang schalten, und das Soundsystem aktivieren. Die Aktionen nehmen euch genau das ab: Es werden mit einem Tastendruck alle Geräte eingeschaltet, auf die Eingänge umgeswitcht und so weiter. Ihr hab nun auf der Fernbedienung verschiedene Tasten, die verschiedene Geräte steuern. Die Wiedergabetasten steuern den DVD-Player, die Lautstärketasten für das Soundsystem and so on. Die nicht benötigten Geräte werden dabei automatisch ausgeschaltet. Klingt logisch? Ist es auch – und super praktisch.

Fangen wir einmal mit einer Beispielaktion an – MyHarmony schlägt euch hier direkt einmal (ganz klassisch) „Fernsehen“ vor.

Den Apple TV brauchen wir dafür nicht, also weg damit und weiter:

Jupp, läuft über den Edifier C2. Weiter also.

Klaro, das Bild kommt bei mir aus dem Kabelanschluss, also der normale TV-Eingang. Als Startkanal nehmen wir doch einfach mal die 1. Neeext.

Ja, auch das Audiosystem hat zwei Eingänge, in diesem Falle… öhm… nehmen wir mal PC, sollte passen.

Nochmal kurz drüber geschaut – jupp, müsste passen. Die Aktion können wir nachher natürlich auch nochmals anpassen und auch umbenennen.

Die bevorzugten Kanäle

So, Geräte drin, Aktionen fertig – nun geht’s zu den bevorzugten Kanälen. Hier schlägt die Software direkt schon eine Aktion vor und lässt euch aus eine Liste euren Anbieter auswählen. Könnt ihr machen, müsst ihr aber nicht. DVB-T zum Beispiel sieht eher Mau aus in der Liste.

Aber, ich hab ja Glück und bin bei Unitymedia – also weiter klicken und schon bekomme ich eine schicke Auflistung sämtlicher vorhandener Kanäle; inklusive Senderlogo.

Nehmen wir erst einmal die bereits ausgewählten Sender – die Frau hat schließlich das Sagen und so müssten wir sie so oder so nachher nochmals ändern. Hier gibt es aber einen großen Haken: Unitymedia hat andere Sender und Sendernummern als DVB-T. Interessiert es die Harmony Touch? Noppes. Entweder, oder. Überall die selben Favoriten.

Also synchronisieren wir das Ganze:

Weitere Einstellungen in der Software

Ist alles fertig, kann man in der MyHarmony-Webapp natürlich noch weitere Feineinstellungen vornehmen. Braucht euer Fernseher zum Beispiel etwas länger um auf einen Befehl reagieren zu können, könnt ihr die Verzögerung ebenfalls eingeben. Auch neue Befehle können gespeichert werden – und von der Originalfernbedienung „erlernt“ werden.

Ebenso können auch die Aktionen nochmals überarbeitet werden und die Display- und Tastenfunktionen geändert werden. Ebenfalls ein sehr nettes Feature: Die Sequenzen (kommt gleich).

Die Wiederkehr der Sequenzen

Sequenzen sind quasi Aktionen in einer Aktion. So könnt ihr quasi eine Taste „Jugendschutz PIN“ erstellen und dort eben die einzelnen Ziffern nacheinander eingeben. Benötigt euer Gerät nun den PIN, drückt ihr nur auf die entsprechende Taste und fertig.

Soweit zumindest in der Theorie. Denn Logitech hat es hier leider nicht möglich gemacht, Ziffern zu benutzen. Es lassen sich lediglich die „normalen“ Befehle verwenden, also zum Beispiel „Favoriten“, „Menü“, etc. pp. Somit ist das Feature mit Sicherheit nicht gänzlich unbrauchbar, aber eben auch nicht optimal. So auf Anhieb würde mir jetzt keine nützliche Sequenz einfallen… Euch?

An die Fernbedienung

Okay, also mal ran an die Fernbedienung. Auf dem Display sehen wir nun also die einzelnen Aktionen – pro Seite eine Aktion, gewechselt wird per Fingerwisch. Ist sicherlich Geschmackssache, ich finde das System optisch schick. Hier mal ein paar Screenshots des Systems mit kurzen Erklärungen. Ich trage das hier mal ganz neutral auf – meine Kritikpunkte kommen dann später.

So ziehen die Befehle innerhalb einer Aktion aus – lassen sich über den kleinen Stift unten rechts verschieben, löschen und auch weitere hinzufügen:

Und das sind die Gesten. Gibt nur Tipp, Wisch links, Wisch rechts, Wisch unten, Wisch oben. Spielerei, nicht mehr, nicht weniger.

Der Senderfavoriten: Hübsch, aber lest gleich weiter. Können ebenso hinzugefügt, verschoben und gelöscht werden.

Die Optionen der Harmony Touch:

Hier kann eben schon vieles Konfiguriert werden. Verzögerung für die Geräte, Displayhelligkeit und -ausschaltzeit, Hintergründe, andere Icons für die Aktionen und und und.

Ich könnte hier noch massig Bilder anhängen, aber um Platz zu sparen, habe ich sie mal in meine Google-Bildergalerie aufgenommen. Hier entlang.

Mein Fazit zu der Harmony Touch

Tzja, was soll ich sagen: Die Erwartungen waren nunmal hoch. Umso enttäuschter bin ich nun. Die Hardware an sich ist sicherlich top. Ich finde die Harmony Touch schick und auf der WAF ist definitiv gegeben. Die fehlenden Zifferntasten? Gibt es auf dem Screen, ich persönlich benötige sie auf meiner 900 nie. Wirklich, noch nie gebraucht. Ist halt Geschmackssache.

Auch die Darstellung der Aktionen finde ich nicht schlecht, passt alles. Eben modern und ein wenig vom Metro-Look abgekupfert. Auch mit MyHarmony kann ich mehr als leben. Klaro, hätte man sicherlich auch anders lösen können, aber wenn ich bedenke, was Logitech hier mit der OS-X-Anwendung verbockt hat, kann man wohl froh sein, wenn es funktioniert. Ist natürlich ungünstig, dass man, um eine Fernbedienung zu aktualisieren, zwangsläufig eine Internetverbindung benötigt. Aber jene ist inzwischen ja fast überall vorhanden (ich glaube, der Teil der Bevölkerung ohne Internet kauft sich auch keine Harmony) und auch über die Fernbedienung lassen sich eben viele, viele Punkte direkt anpassen. Daher weniger schlimm als es sich anhört.

Nun aber meine Kritikpunkte. Meine. Kritikpunkte. Sieht jeder anders und vielleicht stört es den ein oder anderen auch gar nicht. Zum einen die Befehle: Diese werden über die ganze Zeile dargestellt – I don’t like. Ich hätte hier eine Darstellung wie die Senderfavoriten besser gefunden, oder zumindest die Wahl dazu. So ist es einfach nur unübersichtlich.

Befinde ich mich in einer Aktion und komme aus versehen auf das Haus-Icon, werde ich wieder zur Übersicht der Aktionen geworfen. Ist bei den anderen Harmonys nicht anders, was aber anders ist: Drücke ich zum Beispiel auf meiner 900 nochmals die Aktivitäten-Taste, gelange ich wieder zurück in die Aktion. Auf der Touch? Passiert gar nichts.

Die Sequenzen sind eine Farce. Unverständlich, wieso es hier keine Ziffern gibt. Unverständlich für mich als Programmierer und Nutzer.

Und ein ganz, ganz großes Manko ist in meinen Augen die Senderliste. Ich nutze zwei Fernsehgeräte: Eines im Wohnzimmer, eines im Schlafzimmer. Während ich im Wohnzimmer mit Unitymedia ausgestattet bin, gibt es im Schlafzimmer nur DVB-T – reicht ja für die Schlafengehenssendung und Streaming. Problem: Sowohl Unitymedia, als auch DVB-T haben unterschiedliche Sender und Senderziffern. Nun müsste ich mich entscheiden, für was ich eine Senderliste anlege. Entweder. Oder. Auch sind die Senderfavoriten von jeder Aktion aus vorhanden. Hier ist die 900 fortschrittlicher: Für jede Aktion eigene Favoriten. Keine Favoriten? Dann werden sie auch nicht angezeigt. Das ist ein Punkt, der mir ganz übel aufstößt.

Die Gesten sind eine nette Spielerei, hier hätte man vielleicht noch frei erstellbare Gesten einbauen können. Die Befehle werden einwandfrei gesendet, die Aktionen starten perfekt – wie man es von Logitech gewohnt ist.

Im Vergleich zu meiner Harmony 900 fallen mir jedoch noch ein paar Dinge ein, die ich an der Harmony Touch vermisse: Der Bewegungssensor, Funktechnologie und die Tasten für das Überspringen. Ob hier noch eine „Harmony Touch 900“ folgt…? Nu denn, damit KÖNNTE ich sicherlich leben, würden die Softwarepunkte korrigiert werden – ansonsten macht die Harmony Touch nämlich definitiv Laune.

Getestet habe ich eine Harmony Touch mit Firmware 1.1.116. Informiert mich, wenn es eine aktuellere Firmware gibt – dann teste ich gerne noch einmal.

Too long didn’t read?

So, schließen wir das Ganze einmal in Kurzform ab: Die Harmony Touch ist technisch tip-top – ich vermisse nichts. Ich brauche die Zifferntasten eben einfach nicht, mag jeder anders sehen. Der Touchscreen reagiert einwandfrei, ebenso sind die Aktionen top. Auch MyHarmony läuft. Die Software der Harmony Touch ist hingegen fast Schrott und wirkt auf mich unfertig. Ob es hier Updates von Logitech geben wird? Fraglich – der Support was das angeht, ist seit längerem nicht mehr super. Ihr besitzt bereits eine Harmony One, One+ oder 900? Dann bleibt dabei. Ihr wollt euch eine Harmony kaufen? Dann kauft euch eine der drei Modelle: Harmony One, Harmony One+ oder Harmony 900. Dann habt ihr gute Technik mit ausgereifter Software.

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4 Kommentare vorhanden

Die Sequenzen ist genau das was ich bei der 900er vermisse.
Ein, für mich sehr nerviges Beispiel:
Leindwand runterfahren, Beamer anschalten, Leinwand stop
und das ganze nachher wieder rückwärts.

Klar, geht über Aktionen, aber dann hätte ich 14 oder mehr Aktionen anstatt 7 + Sequenz für die Leinwand

Wieso? Könntest du doch generell in die Aktionen mitaufnehmen?

Man möchte ja aber nicht immer über Beamer gucken sondern meistens eher mit dem TV.
Oder wie meinst du das?

Ah okay – dann hast du natürlich Recht…

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