FaceTime war einmal so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal von iOS, zumindest noch bis vor einigen Jahren. Zwar gab es auch schon zur Vorstellung von iOS 4 im Rahmen der iPhone-4-Keynote im Jahr 2010 schon Alternativen wie beispielsweise Skype, trotzdem wurde die Bezeichnung FaceTime zumindest für die Apple-Nutzerschaft nicht selten gleichbedeutend mit Videochat. Ursprünglich hatte Steve Jobs vollmundig angekündigt, dass man FaceTime zu einem offenen Standard machen wolle. Daraus geworden ist aber nichts, was wohl vor allem an einem verlorenen Patentstreit mit VirnetX liegen dürfte – so musste Apple z.B. die Peer-to-Peer-Verbindung entfernen und eigene Server dazwischenschalten. Trotzdem ist FaceTime noch immer eine feine Sache, die gut in iOS, iPadOS und macOS integriert ist und inzwischen auch mit reinen Audio-Anrufen erweitert wurde.
Plante man nun aber einen Video- oder Audio-Call mit mehreren Personen, dann gibt es vor allem seit dem letzten Jahr genügend Alternative, allen voran sicherlich Jitsi, Zoom und auch das inzwischen privat nutzbare MS Teams. Je nachdem, wie viele Nutzer mit einem iDevice unterwegs sind, hätte sich aber FaceTime angeboten – hierbei muss man aber Rücksicht auf jene Nutzer nehmen, die nicht im Apple’schen Kosmos unterwegs sind, denn Android- und Windows-Nutzer konnten bislang nicht an FaceTime-Anrufen teilnehmen. Mit iOS 15 aber hat sich dies geändert, auch wenn Nicht-Apple-Plattformen weiterhin nicht mit eigenen FaceTime-Apps versorgt werden. Vielmehr setzt Apple beim Abholen von Android- und Windows-Nutzern auf moderne Browser-Technologien, sprich sie ermöglichen die Teilnahme per Webbrowser – egal ob nun auf einem mobilen Gerät oder dem klassischen Rechner. Immerhin ein kleiner Ablassbrief, um den eigenen Dienst nicht gänzlich ins Hintertreffen laufen zu lassen.
Dies ist auch kein Hexenwerk. Öffnet ihr die FaceTime-App auf eurem Gerät, findet ihr in der aktuellsten iOS-Iteration auf dem Hauptscreen nicht nur einen Button für einen neuen FaceTime-Anruf, sondern könnt auch einen Link erstellen. Diesen könnt ihr nun munter an gewünschte Teilnehmerschaft verschicken. Sorge, dass jeder mit gültigem Link an euren Anruf teilnehmen kann, müsst ihr allerdings nicht haben: Hat der Empfangende den Link in seinem Browser geöffnet, muss dieser zunächst einen Namen angeben und wird anschließend nach Klick auf „Teilnahme“ in einen digitalen Wartebereich untergebracht. Die initiierende Person erhält daraufhin eine Info darüber, dass Person XY teilnehmen möchte und kann dieser entweder Zugang gewähren oder aber ablehnen.
Wie man sieht, eigentlich eine einfache Geschichte. Im Hinterkopf behalten sollte man aber, dass die iOS- oder macOS-Apps und die Web-Anwendung funktionell nicht ganz paritätisch aufgestellt sind, auch wenn sich die Oberflächen stark ähneln. So kann man im Browser lediglich die Kamera ein- oder ausschalten und das eigene Mikrofon stummschalten. Die wirklichen Mehrwerte von FaceTime, wie Filter, Sticker und Texte oder auch Sticker werden war von anderen Nutzern angezeigt, können aber nicht selber genutzt werden. Auch können Browser-Nutzende lediglich an offenen FaceTime-Anrufen teilnehmen, aber keine eigenen Anrufe erstellen. Wie man sieht: Eher rudimentär umgesetzt, aber immerhin ein erster Schritt. Vielleicht lässt sich Apple ja doch nochmal dazu verleiten, FaceTime (und vor allem iMessage) auch offiziell plattformübergreifend anzubieten. Man darf ja träumen.
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