Mozilla hat die Freigabe für Firefox 57 aka Quantum erteilt. Bereits vor dem Release hat Mozilla den Mund sehr voll genommen und die Version 57 als die „Wiedergeburt von Firefox“ bezeichnet.
Mozilla hatte es in den letzten Jahren nicht einfach: Zwar gab es auch zuletzt noch eine recht breite Fanbasis an Nutzern, die dem Firefox weiterhin die Treue schwörten, dennoch hat man kontinuierlich Federn lassen müssen und hat Nutzer vor allem an Googles Chrome-Browser verloren. Konnte man (laut StatCounter) 2010 auf Desktop-Rechnern noch einen Marktanteil von knapp über 30 Prozent vorweisen, lag dieser im Sommer bei nur noch knapp 6 Prozent. Die Angaben variieren zwar von Erhebung zu Erhebung, die Tendenz ist aber eindeutig. Um den Problem-Fuchs aber nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden zu lassen, hat das Entwicklerteam von Mozilla rund ein Jahr lang unter dem Projektnamen Quantum an einer Generalüberholung des Browsers gearbeitet.
Interessierte Nutzer konnten die Entwicklung des „größten Firefox-Updates aller Zeiten“ durch die Nighty- und Beta-Builds nach und nach mitverfolgen, wer aber erst von der Version 56 auf die finale Version 57 aktualisiert, der dürfte einen fast gänzlich neuen Browser auf den Bildschirm gezaubert bekommen. Am auffälligsten – weil eben als erstes ins Gesicht springend – dürfte die neue Oberfläche sein, Photon statt Australis. Mit Photon macht das Erscheinungsbild einen deutlich moderneren Eindruck: eine dunkle Titelleiste mit eckigen Tabs, schlankere Menüleisten sowie neu gestaltete Symbole und Schaltflächen. Dabei berücksichtigt man auch ein paar systemspezifische Designpunkte, wie beispielsweise das Aufgreifen der Akzentfarbe von Windows 10 oder einen sanften Transparent-Effekt unter macOS.
Darüber hinaus schafft Photon aber auch Konsistenz, denn mit dem Photon Design System soll der Browser auf nahezu allen Endgeräten (also auch für Smartphones und Tablets) eine an die Bildschirmgröße angepasste aber doch einheitliche Ui vorweisen. Wer sich bereits die mobile Firefox-Version für iPhone und iPad angeschaut hat, wird dies mit Blick auf das Desktop-Update bemerken, gerade die iPad- und Desktop-Versionen sind recht identisch gehalten. Dies gilt auch für die überarbeitete New-Tab-Page, die nicht mehr nur favorisierte und meistbesuchte Seiten auflistet (quasi ein leicht abgewandelter Activity Stream), sondern auch aktuelle Geschichten von Pocket anzeigt – letzteres lässt sich aber glücklicherweise auch deaktivieren. Wie gesagt: Optisch ein echtes Leckerli.
Aber natürlich hat Mozilla nicht nur an der Oberfläche des Browsers gewerkelt, sondern auch unter der Haube viel altes über Board geworfen und neues implementiert. Laut Entwickler wurden 75 Prozent der Codebasis von Firefox angefasst, was fast sieben Millionen (!) Codezeilen entspricht. Die Version 57 soll doppelt so schnell arbeiten wie die Vorgängerversionen, vor allem aufgrund dessen, dass Quantum deutlich besser mit mehreren Prozessorkerne umgehen kann. Dazu führen die neuen und überarbeiteten Animationen aber ebenfalls zu einer besseren gefühlte Performance des Browsers. Außerdem sollen auch hunderte geöffnete Tabs den Browser nicht „sterben“ lassen, indem der aktiv genutzte Tab im Gegensatz Hintergrund-Tabs vorrangig behandelt wird.
Auch die alten Erweiterungen (beispielsweise die XUL-Erweiterungen) hat man abgeschnitten, mit Firefox 57 werden nur noch die neuen WebExtensions unterstützt. Die meisten Addons sind zwar bereits als WebExtensions verfügbar oder sollen zeitnah ein Update erhalten – bei einigen exotischeren, liebgewonnene Addons kann dies aber anders aussehen. Auch was die Möglichkeiten betrifft, liegen die neuen WebExtensions aufgrund der nun „erzwungenen“ Nutzung definierter Schnittstellen etwas zurück, was allerdings eher einen Vorteil darstellt: Anpassungen der Oberfläche sind zwar nicht mehr möglich (und seitens Mozilla auch nicht mehr erwünscht), dafür aber laufen Erweiterungen stabiler und benötigen weniger Wartungsarbeiten durch Entwickler.
Dies sind natürlich nur eine Hand voll Punkte der neuen Version 57, es gibt für Nutzer noch viel mehr zu entdecken. Dennoch sind die Arbeiten auch mit der Version 57 noch nicht abgeschlossen, vielmehr ist der Release nur „der erste Schritt in einer Evolution“, wie Mark Mayo angekündigt hat. Beispielsweise fehlt noch die neue Renderer-Engine aus dem Servo-Projekt, die zur Darstellung von Webseiten auch die GPU stärker miteinbeziehen wird, was Performance und Akkulaufzeit verbessern soll. Geplant ist eine Implementierung der neuen Renderer-Engine mit einer der kommenden 60er-Versionen. Klingt spannend – ist es auch. Bleibt zu hoffen, dass man mit neuem Logo und quasi-neuem Browser nun wieder etwas näher zu Chrome aufschließen oder zumindest den Negativtrend der letzten Jahre aufhalten kann…
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