JELN Nano-Seal 180W(+): 3D-Drucke wasserdicht versiegeln

Marcel Am 17.07.2021 veröffentlicht Lesezeit etwa 4:21 Minuten

Wer seinen 3D-Drucker rege nutzt, der wird früher oder später auch mal an einen Punkt kommen, an dem man etwas drucken möchte, das wasserdicht sein soll. Seien es kleine oder größere Vasen, Blumentöpfe mit Selbstbewässerung, kleine Gießkannen, kleine Bötchen für die Badewanne oder was auch immer so auf die Druckplatte kommt. Dies aber nicht gar nicht so einfach – vor allem mit FDM-Druckern, aber auch SLA-Drucker sind trotz von Haus aus teils besseren Ergebnissen nicht wirklich wasserdicht (gut, eigentlich geht es eher um Wasserfestigkeit da der Druck fehlt, im Ergebnis tut der Begriff aber keinen wirklichen Unterschied). Nun ist es nicht so, dass das Wasser an allen Ecken und Kanten herausfließt; wer aber einmal eine gedruckte Vase mit Wasser gefüllt hat, der wird feststellen, dass das Wasser über die Stunden tröpfchenweise aus dem Behältnis fließt.

Nun lassen sich bei der Wahl der Materialien und den Druckeinstellungen schon Verbesserungen erreichen. Beispielsweise ist PETG von Haus aus wasserfester als PLA und bei ABS/ASA käme noch die „Versiegelung“ über Aceton ins Spiel. Das Problem ist die Methodik beim 3D-Druck, denn durch das „Lage für Lage“ entstehend zwangsläufig hier und da kleinste Löcher. Und so muss man ein wenig mit den Druckeinstellungen experimentieren, um die „Fluchtmöglichkeiten“ für Flüssigkeiten nach Innen oder Außen zu minimieren. Von Vorteil sind höhere Wandstärken mit mindestens zwei Perimentern und auch ein hoch gewähltes Infill, insbesondere 100%, kann etwas zur Wasserdichtigkeit beitragen. Zu guter Letzt sorgt eine Anhebung der Temperatur und des Extrusionsfaktors + dafür, dass sich die einzelnen Lagen stärker überlappen. Aber: 100% Infill ist gerade bei Modellen mit dünnen Wänden nicht immer möglich und geht ordentlich ins Geld, außerdem leidet oftmals die Druckqualität unter den beiden letztgenannten Punkten.

Ich habe ein wenig experimentiert und es wurde zwar besser, tröpfelte nach einigen Stunden und Tagen aber doch wieder aus den Behältnissen. Also habe ich mich nach einer anderen Lösung umgesehen. Bearbeitung mit Lackspray? Wäre möglich, ist mir aber viel zu aufwendig, zumal ich die Farbe der gedruckten Modelle eigentlich behalten möchte. Eine andere Lösung wäre Epoxidharz, wie zum Beispiel das XTC-3D Epoxidharz von Smooth-On. Und ja, sorgt für eine gewisse Wasserfestigkeit, hat aber auch gewisse Nachteile. Zwar wird PLA gleichzeitig ein wenig geglättet, was aber mit einem Verlust an Details einhergeht und auch das glänzende Finish ist in meinem Fall nicht gewollt. Das Aufbringen des Epoxidharzes ist nicht ganz unproblematisch, auch weil das Gemisch recht zügig verbraucht werden muss. 30g reichen etwa für 6,5 cm² Fläche, auf Dauer recht kostspielig. Funktionell mit solidem Ergebnis, optisch hat es mich aber auch nicht wirklich überzeugt.

Auf meinen weiteren Suchen bin ich dann irgendwann auf ein englischsprachiges Forum gestoßen, in dem sich ein Nutzer in einem Nebensatz sehr zufrieden mit NanoSeal 180W gezeigt hat. Die Suchergebnisse dazu sind eher mau, man kommt aber recht schnell beim Hersteller aus: JELN. Unternehmen aus dem Schwalmtal in NRW, dass sich auf die Produktion von Imprägniermittel, Verbundwerkstoffe und Klebesystem spezialisiert hat. Beim Nano-Seal 180W+ handelt es sich um ein solches Imprägniermittel, genauer gesagt um einen Siegler. Für Laien: Die dünnflüssige Flüssigkeit dringt aufgrund der Kapillarwirkung auch in kleinste Poren der Werkstücke ein, wodurch diese dauerelastisch versiegelt werden. Klang super, sodass ich mir die Geschichte einmal genauer anschauen wollte.

Die Anwendung ist eigentlich simpel: Zunächst muss das 3D-gedruckte Objekt gereinigt werden – vorzugsweise mit Aceton, ich persönlich habe aber auf Isopropanol 99,9% gesetzt. Nach der Trocknung kann das Objekt nun mehrmalig mit einem Pinsel aufgetragen werden – „nass-in-nass“, also einpinseln, ein paar Minuten warten und nochmals den Pinsel schwingen. Einfacher und in meinen Augen effektiver ist jedoch das Eintauchen der Objekte für mindestens 15 Minuten und anschließendem Abtropfen, was ich mit einem Abstand von einer Stunde zweimal wiederholt habe. Alternativ ist auch ein Befüllen möglich, was bei einer kleinen PETG-Gießkanne die Methode meiner Wahl darstellte. Anschließend muss das Objekt für eine volle Belastung mindestens 48 Stunden bei Raumtemperatur trocknen, im Zweifel lieber ein paar Stunden länger trocknen lassen als zu wenig.

Das Ergebnis? Tatsächlich überzeugend, wenn auch erst im zweiten Versuch. Das Nano-Seal 180W+ trocknet transparent aus und hinterlässt keine klebrigen Rückstände, die Oberfläche bekommt nur einen minimalen Glanzschimmer. Warum ich erst nach dem zweiten Versuch überzeugt war? Zu dick aufgetragen, bilden sich „Pickelchen“, die nicht hübsch aussehen. Meine Erkenntnis: Lieber dünner auftragen und im Falle von Eintauchen oder Befüllen ordentlich abtropfen lassen. Hier kann es von Vorteil sein, das Nano-Seal mit demineralisiertem Wasser (etwa 15-20%) zu verdünnen. Damit verringert sich der Oberflächenfilm, da es besser abtropfen kann und kommt auch in tiefere Poren; bei geringen Wandstärken wirkt sich die Verdünnung dann aber eher positiv aus. Da muss man sich Objekt für Objekt herantasten, also nicht gleich alle Modelle als Erstling bearbeiten.

Das optische Endergebnis ist das eine, aber wir wollen ja als Hauptziel eine Wasserdichtigkeit bzw. -festigkeit erreichen. Und dies war bereits mit den ersten Versuchen gegeben. Auch bei im Spiralmodus (also mit nur einem Perimeter) gedruckten Objekten blieb der Wasserstand nach Tagen identisch und sammelte sich nicht außerhalb des Objektes an. Bei der Gießkanne und einem kleinen Selbstbewässerer für den Blumenkasten? Selbes Ergebnis, das Wasser bleibt drin und findet keinen Weg nach draußen. Diesbezüglich gibt es beide Daumen nach oben.

Das Nano-Seal 180W+ ist wasserbasiert und enthält keine Lösemittel, bei bestimmungsgemäßem Gebrauch gehen keine besonderen Gefahren aus. Wie bei Chemikalien üblich sollten nach Gebrauch Gesicht und Hände gründlich gewaschen werden, bei Kontakt mit den Augen sollten diese einige Minuten ausgespült werden. In etwa vergleichbar mit dem Schneiden von Chilis, auch wenn im Falle von Nano-Seal natürlich persönliche Schutzausrüstung wie Schutzhandschuhe und Augenschutz empfohlen werden. Einziger Haken: Suchen auf den gängigen Verkaufsplattformen laufen ins Leere, denn JELN vertreibt primär an Großkunden. Der einzige Weg für Verbraucher geht über den direkten Kontakt, hier werden etwa 50 Euro für das 1l-Gebinde inkl. Versand fällig. Klingt teuer, allerdings ist der Siegler deutlich(!) ergiebiger als hochwertiges Epoxidharz. Ich bin mit dieser Lösung aber absolut zufriedengestellt, genau das, wonach ich gesucht habe. 👍

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3 Kommentare vorhanden

Hattest du Nano-Seal auch erfolgreich an einem Modell aus PLA getestet? Ein Shop welcher es vertreibt spricht lediglich von einer Kompatibilität zu ABS.

Vielen Dank für die Rückmeldung und den sehr aufschlussreichen Artikel!

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