Pünktlich zur jährlich stattfinden IFA veröffentlichen die Parallels-Entwickler eine neue Version ihres Virtualisierungstools. Auch 2019 und ein paar Monate nach der Übernahme durch Corel weicht man von diesem Rhythmus nicht ab.
Möchte oder muss man auf dem Mac neben macOS auch andere Systeme nutzen, gibt es inzwischen verschiedene Möglichkeiten. Bootcamp ist die einfachste Lösung, die Apple out of the box mitliefert und den Mac direkt in Windows bootet. Hat aber den Nachteil, das ein paralleles Arbeiten mit macOS und Windows nicht möglich ist. Für diese Zwecke eignen sich virtuelle Maschinen, wie beispielsweise das kostenlose VirtualBox oder die kostenpflichtigen Tools VMWare und Parallels Desktop. Mit diesen lassen sich Gastsysteme direkt unter macOS ausführen. Habe ich allesamt über die Jahre mal ausprobiert, letztlich arbeite ich seit Jahren mit Parallels Desktop. Und das gar nicht mal aufgrund der Performance, diesbezüglich gibt es zwischen VMWare Fusion und Parallels Desktop kaum Unterschiede.
Vielmehr punktet Parallels mit diversen Features, mit dem sich mit Windows als Gastsystem auf dem Mac angenehmer arbeiten lässt. Dazu gehört zum Beispiel der Coherence-Modus, bei dem der Windows-Desktop ausgeblendet wird und sich Windows-Anwendungen wie reine Mac-Apps anfühlen. Aber auch andere Kleinigkeiten fallen darunter, wie die Integration von (Cloud-)Ordner in den Windows Explorer und Unterstützung für Sondertasten, Shortcuts, Mac-Gesten und sogar die Touch Bar. Bei jedem jährlichen Parallels-Update fragt man sich eigentlich, was man denn noch so verbessern möchte. Nun haben die inzwischen zu Corel gehörenden Entwickler abermals an einpaar Stellschrauben gedreht. Die wichtigsten Neuerungen von Parallels Desktop 15 einmal zusammengefasst.
DirectX-Unterstützung: Die wohl größte Neuerung findet man im Hintergrund, denn dank der Integration der Metal-API von Apple unterstützt Parallels Desktop 15 nun auch DirectX 9, 10 und 11. Hierdurch werden nicht nur Games wie Age of Empires: Definitive Edition, Anno 2205, Fallout, FIFA 2019 und Madden NFL 19 unterstützt, sondern auch CAD- und CAM-Anwendungen wie ArcGIS Pro, Autodesk und MasterSeries. Dies sitzt natürlich ausreichend potente Mac-Hardware voraus, aktuelle Prunkbeispiele in Sachen Grafikleistung werden auch im Jahr 2019 nicht in einer virtuellen Maschine lauffähig sein – vielleicht aber ja auf dem Mac Pro.
Mac-Integration: Die nahtlose Integration von Windows in macOS wird seit etlichen Versionen Schritt für Schritt fortgeführt. Nun lassen sich auch Bilder aus der Screenshot-Vorschau und aus Safari, der Fotos.app und anderen Mac-Anwendungen per Drag’n’Drop in Windows-Anwendungen ziehen und auch das Teilen-Menü im Kontextmenü von Dateien im Finder wird fortan unterstützt. Den Anfang macht die Möglichkeit, beliebige Dateien aus macOS heraus an die Standard-Mail-Anwendung in Windows weiterreichen und versenden zu können. Auch wird die neue iCloud-Versionsfreigabe von MacOS Catalina unterstützt und die neue „Mit Apple anmelden“-Funktion soll zeitnah nach dem Catalina-Release integriert werden.
Sidecar und Apple Pencil: Mit MacOS 10.15 Catalina hat Apple das neue Sidecar-Feature vorgestellt. Mit diesem lässt sich ein vorhandenes iPad als Zweit- oder Drittbildschirm an eurem Mac nutzen. Mit entsprechend angepassten Anwendungen ist auch eine Eingabe via Touchscreen und mit dem Apple Pencil möglich. Die Sidecar-Integration in Parallels Desktop 15 bringt unter anderem die Verarbeitung von Apple Pencil Tilt und Doppel-Tippen (z.B. um die Touch Bar einzublenden oder zwischen Stift-, Radiergummi- und Mausmodus zu wechseln) mit, die sich beispielsweise in Windows-Anwendungen wie CorelDRAW, Corel Painter und Microsoft SketchPad verwenden lassen.
Bluetooth Low Energy: Parallels Desktop 15 integriert Bluetooth Low Energy, wodurch sich Controller der Xbox One, die Logitech Craft-Tastatur, der IRISPen, sowie einige windowsbasierte IoT-Geräte (wie zum Beispiel intelligente Haushaltsgeräte und Smartbands) nutzen lassen. Unterstützte Plattformen sind neben Windows 10 und Windows 8.1 auch Android und Linux-Systeme mit Kernel 3.13 sowie neuer. Der gemeinsame Bluetooth-Treiber ist die Version 4.0. Außerdem lassen sich dank der Bluetooth LE-Integration auch Xbox-Spiele in einer virtuellen Maschine spielen.
Kompatibilität und Leistung: Die Unterstützung von Linux-Distributionen wurde ausgebaut, inklusive Features wie Bluetooth, DRM-Support, einem neuen Videotreiber und Funktionen wie gleitender Maus, dynamischer Auflösung und Multimonitor. In Sachen Leistungsverbesserungen spricht man davon, dass 3D-Grafiken um bis zu 15% schneller gerendert werden und MS Office-Anwendungen in der virtuellen Maschine um bis zu 80 Prozent schneller starten. Derartige Prozentzahlen sehen immer riesig aus, letztlich dürften diese Optimierungen aber nur den wenigsten Nutzern spürbar auffallen – dafür läuft Parallels insgesamt bereits zu flüssig. Zumindest wenn man auf halbwegs aktuelle Hardware setzt.
Pro und Business Edition: Auch im Business-Umfeld wird Parallels Desktop gerne eingesetzt – logisch, dass man auch diese Editionen nicht vernachlässigt. So verfügen die genannten Versionen nun auch über ein Virtual Platform Trusted Module (vTPM), dass für die Aktivierung zusätzlicher Sicherheitsfunktionen (wie beispielsweise BitLocker, Smartcard oder eine sicherere Variante des Windows Hello PIN) von Windows vorausgesetzt wird. Außerdem können interne und externe physische Festplatten mit einer VM als logische interne Festplatte verknüpft werden. Enterprise-Anwender erhalten ein paar neue Spielzeuge zur besseren Kontrolle, beispielsweise um eine virtuelle Maschine in einem gewünschten Modus zu sperren.
Parallels Toolbox: Unabhängig von der VM-Lösung bietet Parallels auch noch seine Toolbox für Mac und Windows an, die eine Vielzahl an kleinen Werkzeugen unter einer Oberfläche bietet. Mit der bereits vor einigen Wochen veröffentlichten Version 3.5 bietet die Parallels Toolbox mehr als 30 Tools, zum Beispiel Schalter für verschiedener System-Funktionen, ein Video-Downloader für YouTube und Co., ein Screenrecorder, Präsentationsmodus und einiges mehr. Neu hinzugekommen ist ein Verlauf der Zwischenablage, sowie ein Energiesparmodus, in dem mehrere Einstellungen aktiviert werden, die den Verbrauch von Systemressourcen reduzieren und die Akkulaufzeit verlängern.
Die Preise: Das Update auf die aktuelle Version ist wie gewohnt kostenpflichtig. Bestandskunden kommen wie immer am günstigsten weg, hier werden für die Standalone-Lizenz 49,99 Euro für das Upgrade fällig. Positiv: Bei einem Upgrade ist es wohl inzwischen egal, welche Vorgänger-Version ihr nutzt. Neue Nutzer hingegen zahlen das doppelte, nämlich rund 100 Euro. Die Pro- und Business-Versionen hingegen sind nur in Kombination mit einem Abonnement zu haben, dieses schlägt mit jährlichen 100 Euro zu Buche. Die Parallels Toolbox gesondert ist für ebenfalls 20 US-Dollar im Jahr erhältlich, einen Einmalkauf sucht man vergeblich.
Ein Fazit von meiner Seite: Die Unterstützung für DirectX und dem Sidecar-Feature von Catalina ist eine nette Sache, die aber sicherlich eine eher kleine Zahl an Nutzern tangieren wird. Letztlich kommt es immer darauf an, wie und was man mit den Gastsystemen arbeitet. Wer nur ein paar ausgewählte Anwendungen nutzen möchte beziehungsweise muss, der wird das Update auf die Version 15 nicht wirklich benötigen, denn auch Parallels Desktop 13 oder 14 laufen unter macOS Catalina. Letztlich ist es so wie bei vielen Updates: Man kann das Update mitnehmen, kann aber auch gerne jede zweite oder dritte Version überspringen, sofern die Software auf neuen Systemen läuft. Hat man wohl auch bei Parallels erkannt, denn gerade die weggefallene Upgrade-Einschränkung (bisher war nur die letzte Version berechtigt) lädt natürlich dazu ein, die ein oder andere Version zu überspringen.
Quelle Parallels
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