PrusaSlicer 2.6.0: Organic Supports, einfaches Text-Tool und vieles mehr

Marcel Am 20.06.2023 veröffentlicht Lesezeit etwa 5:49 Minuten

Das Slicing-Tool #PrusaSlicer hat mit der Version 2.6.0 eine Vielzahl an Neuerungen spendiert bekommen. Ganz oben auf der Liste stehen verbesserte Supports, ein einfaches Textwerkzeug und überarbeitetes Cutting-Tool.

Prusa ist gemeinhin als Hersteller von 3D-Druckern und Filamenten bekannt, entwickelt aber auch eine eigene Slicer-Software, den PrusaSlicer – ein Fork von Slic3r. Auch wenn das Tool den Namen Prusa im Namen trägt, ist es natürlich für die hauseigenen Drucker optimiert, kann aber wie jedes andere Slicing-Tool mit jedem 3D-Drucker verwendet werden. Und ich kann nur empfehlen, zumindest einen Blick darauf zu werfen. In meinen Augen wesentlich klarer strukturiert als das (für mich nicht ganz so verständliche) populäre Cura und mit einigen spannenden Funktionen, die man sonst vergeblich sucht. Wobei sich die Waage hält, denn einige (experimentelle) Funktionen finden sich in Tool A, andere in Tool B – beide Entwicklerteams leben den Open-Source-Gedanken und bedienen sich an den Neuerungen des jeweils anderen. So haben alle etwas davon. Die nun frisch veröffentlichte Version 2.6.0 des PrusaSlicer für Windows, macOS und Linux bringt erneut teils lang erwartete, aber nicht minder interessante Neuerungen.

Für viele das Highlight dürften die Organic Supports darstellen, oftmals auch Tree Supports genannt. Statt mehr oder weniger gleichmäßige 2D-Raster als Stützverstärker zu nutzen, erzeugt der Slicer Stützen ähnlich eines Baumes, daher der Name. Der Vorteil liegt auf der Hand: Es wird Material gespart, die Druckzeit verringert sich zumeist und vor allem sind die Supports einfacher zu entfernen und hinterlassen weniger sichtbare Narben am Modell, da die Kontaktflächen auf ein notwendiges Minimum reduziert werden. Der implementierte Algorithmus basiert auf den Tree Supports von Thomas Rahm, welcher eine verbesserte Version der Baumstützen von Ultimakers Cura darstellt. Natürlich können auch die Organic Supports mit dem Malwerkzeug erzwungen oder blockiert werden. Der Haken an der Sache: Es lassen sich in Kombination mit dem neuen Supports-Typen keine variablen Schichthöhen nutzen.

Mit dem neuen Support-Typus einhergehend wurde auch der Support-Pinsel verbessert. Auf diese Weise lassen sich wie in Paint schnell Bereiche bemalen, die mit Stützstrukturen versehen werden oder von diesen ausgelassen werden sollen. Jenes Painting-Tool hat nun eine neue Option zum automatischen Malen von Stützverstärkern auf dem Objekt erhalten. Der dahinterstehende Algorithmus prüft Extrusion für Extrusion und berücksichtigt dabei auch Faktoren wie Massenschwerpunkt, Gewicht des unterstützten Teils, Bettbewegung, mögliche Extruderkollisionen, Bettanhaftung, Material und Brückenbildung. Als Ergebnis solltet ihr beziehungsweise euer Objekt letztlich effektivere Stützplatzierungen erhalten, beispielsweise werden Brücken nur auf regelmäßig angeordneten Pfeilern abgestützt und nicht über ihre gesamte Länge. Das Werkzeug arbeitet auch während des Slicing und gibt bei fehlenden, aber empfohlenen Stützen eine dezente (und deaktivierbare) Warnung aus.

 Mein persönliches Highlight ist das überarbeite Cutting-Tool, mit dem zu große Modelle oder solche, die sich zu schwierig „am Stück“ drucken lassen, gesplittet werden können. Neben der Möglichkeit, die Schnittfläche flexibel zu drehen oder freihändig einzeichnen zu können, gibt es auch die Option, Verbindungsstücke zu definieren. Der entsprechende Modus kann über die Schaltfläche im Schnittfenster aufgerufen werden, dort stehen verschiedene Formen (zum Beispiel rund oder dreieckig) und Stile von Verbindern zur Auswahl, ebenso können Tiefe, Größe und Toleranzen definiert werden. Wo die Verbinder generiert werden sollen, lässt sich per Mausklick festlegen, die dazugehörigen negativen Bohrungen werden dann automatisch platziert. Darüber hinaus können mit der Option „Ablegen“ die einzelnen Teile nach dem Schneiden automatisch plan auf dem Druckbett platziert werden. Sehr cool, erleichtert das Zusammenfügen mehrerer Teile enorm.

Nicht weniger praktisch ist das gänzlich neue Textwerkzeug, dass neue Möglichkeiten zum Einfügen, Manipulieren und Bearbeiten von Text bereitstellt. Beispielsweise kann auf diese Weise ein hinzugefügtes Textobjekt der Oberfläche – beispielsweise einem Becher – folgen und beim anschließenden Slicing entweder als Prägung, negatives Volumen oder auch als Modifikator berücksichtigt werden. Der Texteditor importiert automatisch auf dem System installierte Schriftarten und ermöglicht grundlegende und erweiterte Eigenschaften des Textes. Erspart hin und wieder die Bearbeitung von Modellen in Tinkercad und da sich die Texte und Eigenschaften auch nach dem Öffnen eines entsprechenden Modells im 3MF-Format ändern lassen, wird es sicherlich bald einige Modelle auf Thingiverse, Printables und Co. geben, die sich mit wenigen Klicks ändern lassen.

Das nicht weniger neue Messwerkzeug ist eine weitere Funktion, die lange gewünscht wurde. Das Tool verwendet einen Geometrieerkennungsalgorithmus, der Punkte (Scheitelpunkte), Kanten, Kreise und Ebenen erkennt. Auf diese Weisen lassen sich direkt im Slicer Modellgrößen und -winkel prüfen, ohne ein weiteres Tool zu Rate zu ziehen.Auch erlaubt das Werkzeug, zuvor selektierte Objekte auf dem Druckbett einheitlich auf die gewünschte Länge zu skalieren. Derzeit gibt es aber noch ein paar Einschränkungen, beispielsweise bei Objekten mit überlappenden Teilen. In diesen Fällen werden die Teile jeweils für sich betrachtet, was darin mündet, dass Kanten, die durch Überschneidungen entstehen, nicht erkannt werden –  dafür aber Ebenen, die in anderen Teilen verborgen sind. Ebenso funktioniert das Messwerkzeug nicht mit negativen Volumen.

Die dynamische Überhanggeschwindigkeit ermöglicht ein zuverlässiges Abbremsen bei Überhang-Extrusionen. Eine niedrigere Geschwindigkeit ermöglicht eine bessere Kühlung der Layer. Ein neuer Algorithmus berechnet das Überlappen der Extrusion mit der vorherigen Schicht und wendet die von der Überhangsverlangsamungsfunktion berechnete Geschwindigkeit auf diese Schicht an. Wie stark verlangsamt wird, lässt sich über vier Eingabepunkte steuern. Noch experimentell sind die zusätzlichen Perimeter für Überhängen, bei denen Brücken nicht verankert werden können. Diese Pfade werden als Perimeter des Überhangsbereichs erzeugt und wenn möglich nicht an den überhängenden Bereichen verankert. Diese Funktion kann die Qualität von größeren Überhängen bei vielen Modellen verbessern und einige Überhänge ohne Stützen druckbar machen. Das Vermeiden von Kreuzung gewölbter Überhänge stellt ebenfalls eine neue experimentelle Funktion dar und zielt darauf ab, dass der Extruder Bereiche meidet, in denen sich das Filament aufrollen und so zu einer Kollision führen kann – zum Beispiel bei Rundungen vom Druckbett aus.

Das sind aber nur die fünf wohl offensichtlichsten und weitreichendsten Neuerungen der Version 2.6.0. Darüber hinaus gibt es aber noch einige weitere erwähnenswerte Neuerungen und Verbesserungen:

  • Es wurde ein Printables-Downloader integriert. Per Klick auf das PrusaSlicer-Icon auf der Modell-Webseite lassen sich STLs, 3MFs und ZIP-Archive mit eben diesen Formaten direkt im PrusaSlicer öffnen. Nach Betätigung des Buttons auf Printables lässt sich in einem neuen Dialog auswählen, welche Dateien geöffnet werden sollen. Sind mehrere 3MF-Projekte ausgewählt, werden alle nur als Geometrie geladen. Außerdem wird beim Öffnen eines 3MF-Projekts nun auch eine neue PrusaSlicer-Instanz geöffnet.
  • Bisher gab es Voreinstellungen für Filamente nur in Verbindung mit Profildaten für 3D-Drucker. Die neue Version besitzt ein zusätzliches Profil, welches die meisten Filamente separiert von der Hardware definiert und mit jedem Drucker verwendet werden kann. Wenn ein anderer Drucker die gleichen Filamente definiert (z.B. Prusa-Drucker), stehen die Vorlagenfilamente auch für andere Drucker zur Verfügung, ohne dass sie ausgewählt werden müssen.
  • Mit „Monotonischen Linien“ gibt es einen neuen Infill-Typen für Ober- und Unterseite der 3D-Drucke. Dieses ist dem Muster „Monotonisch“ recht ähnlich, allerdings sind die benachbarten Linien nicht miteinander verbunden. Dies ermöglicht eine geringere Überlappung von Umfang und Füllung und führt zu einer besseren Füllung der oberen/unteren Schicht, weniger übermäßigem Überstand und besserer Maßhaltigkeit.
  • Der SLA-Algorithmus besitzt eine neue (experimentelle) Strategie zur Generierung von Stützen, die baumähnliche Stützen ähnlich der im FDM-Modus eingeführten erzeugen. Die Basis stellte der Artikel „Clever Support: Efficient Support Structure Generation for Digital Fabrication“ bereit und bezeichnet die Strategie als „branching supports“. Im Endergebnis sollen die Stützen weniger Resin verbrauchen – aber wie gesagt, experimentell und daher auch noch nicht Standard.

Aber auch mit den zusätzlichen Erwähnungen ist das Changelog bei Weitem nicht abgearbeitet, es gibt gefühlt noch hundert weitere Punkte im Protokoll zu finden – bei Interesse geht es hier entlang zur Projektseite auf GitHub. Unter anderem enthält die Version 2.6.0 eine Vielzahl an Korrekturen und Verbesserungen im Zusammenhang mit Multi-Extruder-Druckern, dem GCODE-Viewer und in der allgemeinen Bedienung. Zu guter Letzt wurden auch von anderen Nutzern erstellte und für gut befundene Profile für diverse 3D-Drucker anderer Hersteller – unter anderem Creatlity, Elegoo, Geeetech, BIQU und der aktuell gehypte Anker – hinzugefügt. Wie eingangs bereits gesagt: Tolles Slicing-Tool und auch abseits eines Prusa-Druckers meine favorisierte Wahl. Und ein noch gelungeneres Update, welches wohl auch ohne große Probleme als Version 3.0 durchgegangen wäre.

Quellcode GitHub via Prusa

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