„Recht auf Vergessen“: Google muss dank lächerlichem Urteil des EuGH Inhalte aus dem Suchindex entfernen

Marcel Am 16.05.2014 veröffentlicht Lesezeit etwa 3:26 Minuten

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In den letzten Tagen machte der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit einem Urteil auf sich aufmerksam, welches auch ich an dieser Stelle einmal aufgreifen möchte. Aber fangen wir doch einmal vorne an. Ein spanischer Anwalt hat bereits im Jahre 2010 versucht, zwei Seiten der Tageszeitung La Vanguardia entfernen zu lassen, welche unter anderem die Versteigerung eines  Grundstücks angekündigt haben, die im Zusammenhang mit einer Pfändung wegen Schulden stand, die der Anwalt Herr G. bei der Sozialversicherung hatte. Dies jedoch lehnte die spanische Datenschutzagentur AEPD jedoch ab und begründete dies mit der gültigen Pressefreiheit.

Gleichzeitig aber nahm man Google Spanien unter Beschuss und forderte die Suchmaschine auf, die entsprechenden Seiten aus dem Suchindex zu entfernen – jene Links tauchten nämlich auf, wenn man den Namen des Anwalts auf Google eingab. Dies aber passte Google so gar nicht, weshalb man seitens Google vor den EuGH zog und dort auf Aufhebung der Forderung klagte. So gab Google an, dass für den Konzern weder die Datenschutzrichtlinien der EU gelten, noch sei Google für die Inhalte von Webseiten Dritter verantwortlich – man erfasse lediglich den Inhalt und stellt diesen den Nutzern zwecks Recherche zur Verfügung, ohne Erhebung personenbezogener Daten.

Das aber war wohl ein Schuss in den Ofen, denn die zuständigen Richter des EuGH urteilten nun gegen die Suchmaschine aus Mountain View. Zum einen unterliege Google sehr wohl dem europäischen Datenschutzgesetzen, da in Europa Umsatz erwirtschaftet wird und es aus diesem Grunde unerheblich sei, wo die Server stehen und wo die Daten verarbeitet werden. Außerdem gab das Gericht an, dass wenn Google sehr wohl personenbezogene Daten erhebt, ausliest, speichert und weitergibt:

Indem er das Internet automatisch, kontinuierlich und systematisch auf die dort veröffentlichten Informationen durchforstet, „erhebt“ der Suchmaschinenbetreiber mithin personenbezogene Daten, die er dann mit seinen Indexierprogrammen „ausliest“, „speichert“ und „organisiert“, auf seinen Servern „aufbewahrt“ und gegebenenfalls in Form von Ergebnislisten an seine Nutzer „weitergibt“ und diesen „bereitstellt“ […] so dass sie als „Verarbeitung“ im Sinne dieser Bestimmung einzustufen sind. […] Daran ändert auch nichts, dass die personenbezogenen Daten bereits im Internet veröffentlicht worden sind und von der Suchmaschine nicht verändert werden.

In Kurzform: Google ist für die Ergebnislisten und deren Inhalte verantwortlich und muss diese auf Wunsch von betroffenen Personen aus dem Suchindex löschen, so das Urteil: „Der Betreiber einer Internetsuchmaschine ist bei personenbezogenen Daten, die auf von Dritten veröffentlichten Internetseiten erscheinen, für die von ihm vorgenommene Verarbeitung verantwortlich“. Geht Google dabei nicht auf das Gesuch ein, so stehen den Anfragenden weitere Kontrollinstanzen oder zuständige Gerichte zur Verfügung.

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Okay, fassen wir das ganze mal etwas zusammen um die ganze Absurdität des Urteils erkennen zu können: Google muss einen Inhalt aus dem Suchindex löschen, weil dieser personenbezogene Daten enthält und die betroffene Person diese nicht mehr im Internet verfügbar sehen möchte. Soweit so gut, macht Google schon seit jeher, wenn auch nur in wirklich begründeten Fällen, wobei jeder Einzelfalls sorgfältig untersucht und kontrolliert wird. Das kuriose an der Sache: Das Entfernen der Inhalte gilt nur für Google, die Urheber der Texte und Inhalte können diese aber weiterhin im Internet präsentieren. Ist ein wenig so, als wäre das Verkaufen von illegalen Drogen erlaubt, solange man anderen nichts davon erzählt.

Nope, sorry, völliger Bullshit. Entweder sind die Inhalte rechtmäßig und dürfen angezeigt werden oder sie verstoßen gegen bestimmte Rechtsgrundlagen, dann gehören sie auch gelöscht – und zwar direkt an der Quelle angepackt. Löscht man Inhalte nur aus dem Suchindex von Google (wobei das Urteil eigentlich auch für andere Suchmaschinenbetreiber wie Microsoft oder Yahoo! gelten dürfte), so hat dies irgendwie etwas kindliches: Aus den Augen aus den Sinn. Vielleicht aber wissen die Richter auch einfach nur etwas mehr und Google ist wirklich _das_ Internet, oftmals hört man ja, dass es Inhalte, die nicht bei Google aufzufinden sind auch nicht existieren.

Natürlich kann man auch an einem anderen Punkt ansetzen und sich die Frage stellen, ob und in wie weit man sich durch das Urteil der China-Zensur annähert. Soweit muss man im Falle dieses Urteils aber gar nicht erst gehen, denn bereits die genannte Absurdität – Inhalte des Urhebers rechtmäßig und erlaubt, Google muss diese aber dennoch entfernen – reicht aus um aufzuzeigen, welch lächerliches und undurchdachtes Urteil man hier gefällt hat.

Dennoch muss sich Google dem Urteil beugen und nun sehen, dass man schnellstmöglich ein effektives System auf die Beine stellt, mit dem Personen um die Entfernung von Links aus dem Suchindex bitten können – dabei hoffe ich allerdings, dass man es irgendwie kenntlich macht, dass zu einer Suchanfrage bestimmte Links entfernt werden mussten. Aber, bei aller Lächerlichkeit, das Urteil hat auch einen durchaus als positiv zu bewertenden Nebenaspekt geklärt: Auch Nicht-EU-Konzerne haben sich klar an die Datenschutzgesetze und -richtlinien der EU zu halten, auch wenn die Server nicht innerhalb der EU aufgestellt und betrieben werden. Wenigstens etwas.

Pressemitteilung des EuGH

Urteilsspruch des EuGH

via Heise Bildquelle Wikipedia Commons (bearbeitet)

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