Ich bin schon seit längerer Zeit ein Fan von In-Ear-Kopfhörern mit Bluetooth, zuletzt haben es mir vor allem die Teufel MOVE BT angetan. Dennoch haben fast alle Bluetooth-In-Ear-Kopfhörer aktuell noch den Nachteil, dass sie letztlich nicht ganz „mit ohne Kabel“ daherkommen, denn in der Regel sind die beiden Ohrstöpsel noch mittels Kabel miteinander verbunden. Zwar gibt es bereits wirklich kabellose In-Ear-Kopfhörer, diese sind aber noch vergleichsweise hochpreisig, zum Beispiel die Bragi Dash oder die Samsung Gear IconX, oder recht hässlich, wie die Apple AirPods mit ihrem Oral-B-Design. Mit den Syllable D900 MINI gibt es seit ein paar Wochen auch erschwinglichere kabellose In-Ear-Kopfhörer, denn der Straßenpreis liegt aktuell bei rund 45 Euro – und damit deutlich günstiger als viele kabelgebundene In-Ears. Ob man aufgrund des niedrigen Preises dennoch etwas von der AirPods-Alternative erwarten kann?
Ein Blick auf das Zubehör
Wie bei anderen Produkten aus China kommen auch die D900 MINI in einem einfachen braunen Pappkarton – nicht schön, aber zweckmäßig. Dafür war ich beim Auspacken der Kopfhörer schon ein wenig überrascht, denn die beiden Ohrstöpsel befinden sich in einer kleinen Kunststoffbox. Diese ist sehr gut verarbeitet und nicht nur dazu gedacht, die Kopfhörer bei Nichtgebrauch ordentlich verstauen zu können, sondern dient gleichzeitig auch als Ladestation für die Ohrteile. Die beiden Kopfhörer werden einfach mit den Kontakten in die beiden Halterungen gelegt, schon werden sie kabellos geladen – etwa 40 Minuten brauchen die Kopfhörer für eine komplette Ladung.
Dank integriertem Akku ist so auch ein Laden unterwegs möglich, etwa drei, vier Ladungen lassen sich auf diese Weise vornehmen – bevor die Box dann selbst wieder mittels MicroUSB-Kabel aufgeladen werden muss. Neben dieser Ladebox, den Kopfhörern und dem üblichen Papierkram (Kurzanleitung liegt sogar in deutscher Sprache bei) findet sich auch noch ein MicroUSB-Kabel, ein kleines Stofftässchen und ein kleineres Paar Aufsätze für die beiden Kopfhörer bei – ein Netzteil fehlt leider im Lieferumfang, was aber angesichts des Preises und der Verfügbarkeit von USB-Anschlüssen wohl kein allzu großes Problem darstellen sollte.
Qualität und Tragekomfort
Bei komplett kabellosen In-Ear-Kopfhörern muss die benötigte Technik in beiden Ohrsteckern Platz finden – und den meisten Platz dürften neben den Audio- und Bluetooth-Chips sicherlich die Akkus benötigen. Aus diesem Grunde sind eigentlich alle verfügbaren Modelle egal welches Herstellers deutlich voluminöser als ihre kabelgebundenen Pendants (mit Ausnahme der AirPods, die eben dieses „Stäbchen“ besitzen). Auch die Syllable D900 MINI fallen ein ordentliches Stückchen größer aus als andere Ohrstecker mit Kabel. Meiner Meinung nach liegt die Größe aber noch im Rahmen, zumal das Gewicht mit etwa 6 Gramm pro Stecker quasi gleich auf mit anderen getesteten Bluetooth-Kopfhörern mit Kabel ist. Den D900 MINI liegen wie erwähnt ein Austauschpaar Aufsätzen bei, diese fallen ein gutes Stück kleiner aus.
Durch den „Flügel“, welcher sich wie von Sportkopfhörern bekannt in die Ohrmuschel klemmen, gibt es zusätzlichen Halt – und mit diesem hatte ich auch bei ruckartigeren Bewegungen keine Probleme. Würde also mit einem kleinen Sternchen auch behaupten, dass man sie durchaus zum gelegentlichen Sport nutzen kann, zumal die Kopfhörer auch gegen Schweiß geschützt sind. Gleiches gilt auch für den Tragekomfort nach längerer Zeit: natürlich „vergisst“ man die Kopfhörer zu keinem Zeitpunkt, sie sind aber auch alles andere als unbequem. Problematisch könnte lediglich die Tatsache darstellen, dass man eben nur zwei unterschiedliche Größen von Ohrsteckern zur Auswahl hat – bei mir waren die kleinen in Ordnung, wessen Gehörgang allerdings zwischen den beiden Größen liegt, der hat die Qual der Wahl.
Die Verarbeitung der D900 MINI indes macht einen ordentlichen Eindruck. Natürlich bestehen sie aus Kunststoff, natürlich ist der schwarze Hochglanzlack etwas suboptimal – dennoch wirken die Kopfhörer nicht so, als würden sie beim ersten Bodenkontakt zerbarsten. Auch der auf beiden Ohrsteckern befindliche Button (quasi die gesamte vordere Fläche) ist sauber eingefügt und besitzt einen sehr angenehmen Druckpunkt und Druckwiderstand, sodass man diese auch dann betätigen kann, wenn man sie gerade im Ohr trägt – und eben ohne, dass die Kopfhörer an Halt einbüßen oder gar direkt aus den Ohren rutschen. Wäre nicht der Klavierlack, würde die Verarbeitung durchaus auch für höherpreisige Kopfhörer durchgehen – finde immer, dass die „Farbe“ den Gesamteindruck etwas herabzieht, Geschmacksache.
Verbindung und Soundqualität
Der Aufbau einer Verbindung mit dem Smartphone ist im ersten Moment etwas tricky, hat man den Dreh allerdings einmal heraus, sollte euch dies in Zukunft nicht mehr vor allzu große Probleme stellen. Der linke Ohrstecker dient hierbei als „Hauptstecker“. Ihr müsst also zunächst den linken Kopfhörer mittels Druck über vier Sekunden einschalten, woraufhin die Kopfhörer dann auch in den Bluetooth-Einstellungen eures Smartphone auftauchen und miteinander gekoppelt werden können. Danach könnt ihr den rechten Kopfhörer einschalten. Von Werk aus sollte dieser sofort die Verbindung zum linken Kopfhörer herstellen, ist dies nicht der Fall, drückt ihr den Button einfach so lange, bis die kleine LED blau/grün zu blinken beginnt. Wollt ihr die Kopfhöher ausschalten reicht es bereits aus, das linke Modul mit einem zweisekündigen Druck auszuschalten.
Steht die Verbindung einmal, bleibt diese auch zwischen dem Smartphone und dem (linken) Hauptkopfhöhrer stabil. Allerdings kommt es immer wieder mal vor (etwa alle 2-3 Songs), dass der rechte Kopfhörer kurz die Verbindung verliert, sich dann aber zügig wieder verbindet. Ist zwar nur für eine halbe Sekunde, dennoch für mich auf Dauer nervig. Kabelgeräusche hingegen sucht man mangels Kabel natürlich vergeblich, auch die Abschirmung von Außengeräuschen beziehungsweise nach außen hin ist in Ordnung. Kommt aber eben wie gesagt darauf an, ob einer der beiden Silikonaufsätze für euch passend ist – anderenfalls klingt nicht nur der Sound noch „leerer“, sondern auch die Abschirmung von und nach Außen ist deutlich weniger gegeben. Wie eben bei allen In-Ear-Modellen steht oder fällt die Soundqualität der Kopfhörer.
Der Sound? Zugegeben, ich habe nicht viel von den Kopfhörern erwartet, dennoch war der Klang besser als ich es erwartet hätte. Die Höhen sind noch in Ordnung, die Mitten wirken etwas verloren und der Bass wurde von Syllable ein wenig angehoben, erzeugt aber dennoch wenig Aufmerksamkeit. Insgesamt ist der Sound überraschend klar, auch Verzerrungen versucht man vergeblich herauszuhören – zumindest wenn man die Kopfhörer nicht auf maximaler Lautstärke nutzt, denn dann fangen die Höhen zu kratzen an. Trotzdem gibt es eben keine allzu Überraschung, letztlich spielen die D900 MINI klangtechnisch in ihrer Preisklasse. Es fehlt schlichtweg an Volumen und Dynamik, da macht das Hören z.B. mit den Teufel MOVE BT oder den Sudio VASA BLÅ deutlich mehr Laune – dafür aber sind die eben auch kabelgebunden und kosten gut das dreifache.
Ein paar weitere Notizen
- Bei „normaler“ Lautstärke, etwa 80-90 Prozent der Lautstärke auf dem iPhone, halten die integrierten Akkus der beiden Kopfhörer etwa zwei Stunden durch. Aufgeladen sind sie flott mittels Ladebox innerhalb von 40 Minuten.
- Die Kopfhörer besitzen nur einen einzigen Button, über den Anrufe angenommen oder die Musikwiedergabe pausiert werden kann. Weitere Buttons oder Funktionen, zum Beispiel Überspringen eines Songs, Ändern der Lautstärke oder auch Aufruf von Siri gibt es nicht.
- Wie erwähnt besitzen die D900 MINI auch eine Telefonfunktion, die aber nicht wirklich empfehlenswert ist. Der Gesprächspartner hört mehr Geräusche aus der Umgebung als eure Stimme, sind die Kopfhörer zu laut gibt es für den Gesprächspartner ein störendes Echo. In leisen Umgebungen nicht mehr als okay, draußen unbrauchbar.
Too long, didn’t read?
Während die meisten komplett kabellosen Kopfhörer die Marke von 200 Euro ankratzen oder übertreffen, gibt es die Syllable D900 MINI schon für etwa 40-45 Euro. Dafür bekommt man überraschend gut verarbeitete Kopfhörer inklusive einer ebenso wertigen Ladebox, mit denen sich die Ohrstecker dank integriertem Akku auch unterwegs etwa 3-4 Mal kabellos laden lassen. Ebenfalls haben mich der Halt und Tragekomfort der Kopfhörer positiv überrascht. Man hätte aber gerne noch ein drittes oder gar viertes Paar Aufsätze beilegen können, nur zwei Größen könnten für manche etwas knapp werden. Das Gefühl, komplett kabellos unterwegs zu sein hat definitiv etwas.
Trotzdem muss man bei dem aufgerufenen Preis natürlich irgendwo Abstriche machen und dies ist in erster Linie bei der Soundqualität der Fall. In a nutshell: Es gibt deutlich bessere Kopfhörer, aber auch viele schlechtere. Gerade beim Bass verlieren die Kopfhörer viele Punkte, insgesamt fehlt schlichtweg die Tiefe und Dynamik. Auch mit der vergleichsweise kurzen Akkulaufzeit von etwa zwei Stunden und gelegentlicher, kurzer Verbindungsabbrüche zwischen linken und rechten Kopfhörer muss man leben. Dieses Problem haben meines Wissens nach aber noch fast alle gänzlich kabellosen Kopfhörer-Modelle.
Daher gibt es leider keine klare Kaufempfehlung, es kommt schlicht darauf an, wofür ihr die Kopfhörer nutzen wollt. Tägliche Musikdosis? Eher nicht, schaut euch dazu bei anderen Herstellern um. Für gelegentliche Sportaktivitäten oder seltene Kopfhörersessions? Jau, zumindest wenn ihr unbedingt komplett „mit ohne Kabel“ unterwegs sein wollt, so könnten die Syllable D900 MINI sicherlich eine Alternative zu den vier- bis fünfmal so teureren Alternativen sein. Denn auch bei den hochpreisigen vollständig kabellosen Kopfhörern muss man Abstriche machen – diese lassen sich mit 40/45 Euro aber deutlich einfacher verkraften.
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