Der Nächste, bitte: Auch Texteditor Ulysses wechselt aufs Abo-Modell. Und ein paar Gedanken dazu.

Marcel Am 11.08.2017 veröffentlicht Lesezeit etwa 3:42 Minuten

An Texteditoren herrscht vor allem auf dem Mac kein Mangel, von kostenlos bis hochpreisig, von einfach bis umfangreich ist eigentlich für jeden was dabei. Bereits seit Jahren auf der Beliebheitsskala ganz vorne mit dabei ist der Texteditor Ulysses aus Leipzig. 2016 mit dem Apple Design Award ausgezeichnet, richtet sich der Editor an Vielschreiber, sei es beruflich oder zwecks Uni-Arbeit oder aus anderen Gründen. Auf den ersten Blick erscheint Ulysses wie ein typischer Markdown-Editor, des Weiteren unterstützt er auch Markdown XL zum schnellen Einfügen von Bildern, Videos, Notizen und Fußnoten und wer mag der kann auch auf Textile setzen – beide Auszeichnungssprachen haben ihre ganz eigenen Vor- und Nachteile.

Ulysses besitzt aber noch viele weitere Funktionen, die den Editor aus der Masse herausstechen lassen. Hierbei wäre vor allem die Organisation eurer Texte zu nennen, die sich dank Gruppen, Untergruppen und Verschlagwortung säuberlich untergliedern lassen. Dazu gesellen sich dann noch kleinere Helferlein wie ein Wort- und Zeichenzähler mit Zielanzeige, diverse Textstile via CSS, einen Export als HTML-, ePub- und PDF-Datei und etliches mehr. Im Grunde ist Ulysses eine echte Alternative zu Scrivener: übersichtlicher aufgebaut, moderne Oberfläche und seitens der Entwickler wirklich aktiv und rege gepflegt.

Diese rege Weiterentwicklung von Ulysses führt uns dann auch zum eigentlichen Thema dieses Artikels, denn wie die Entwickler bekannt gegeben haben, wird Ulysses für Mac, iPhone und iPad zukünftig nicht mehr als Einmalkauf zu haben sein, sondern erfordert ein Abonnement. Rund fünf Euro werden bei monatlicher Abbuchung fällig, das Jahres-Abo gibt es für 40 Euro – dafür gibt es dann die Apps für macOS und iOS im Bundle. Studenten können etwas sparen, für sie gibt es das Abo für 11,99 Euro für sechs Monate – also 24 Euro pro Jahr. Für Bestandskunden halten die Entwickler einen Rabatt in Höhe von 50 Prozent bereit – „lebenslang“, bei jährlicher Zahlungsweise.

Die bisherigen Kauf-Apps hat man bereits aus dem (Mac) App Store entfernt. An deren Stelle finden sich nun neue App-Versionen, die sich kostenlos herunterladen und 14 Tage lang kostenlos ausprobieren lassen. Nach Ablauf der Frist wird das Abo fällig, ansonsten kann Ulysses nur noch mit Lesezugriff und Export genutzt werden. Die bisherigen Versionen funktionieren natürlich weiterhin, auch wenn diese fortan nicht mehr mit Updates bedacht werden. Passt also ganz gut, dass die Entwickler die Apps bereits an die im Herbst erscheinenden macOS High Sierra und iOS 11 angepasst haben – somit dürften die Kaufversionen noch mindestens ein weiteres Jahr ohne große Probleme laufen.

‎Ulysses | Schreibprogramm
‎Ulysses | Schreibprogramm
Entwickler: Ulysses GmbH & Co. KG
Preis: Kostenlos+
‎Ulysses · Schreibprogramm
‎Ulysses · Schreibprogramm

Lesenswert ist diesbezüglich ein englischsprachiger Blogpost von Max Seelemann. In diesem legen sie recht ausführlich dar, wieso der Schritt in ihren Augen alternativlos ist. Natürlich kann man sich eine Zeit lang durch Neukundengewinnung über Wasser halten, irgendwann ist der Markt (oder die Nutzer) aber gesättigt, dennoch möchte eine Software auch weiterhin gepflegt werden. Mit steigendem Umfang aber werden mehr Entwickler benötigt, was wiederum zu höheren Kosten führt. Zwar kann man auch die sinkenden Umsätze durch kostenpflichtige Updates ausgleichen, funktioniert aber ebenfalls nur eine Zeit lang. Gleichzeitig erwarten Nutzer von kostenpflichtige Updates einen wirklichen Mehrwert mit neuen Features – was wiederum mehr Entwicklungszeit in Anspruch nimmt.

Wie man sehen kann: ein Teufelskreis und in dem Blogpost greifen die Entwickler noch eine Hand voll weiterer (Kosten-)Faktoren auf. Durch den Wechsel aufs Abo-Modell sollen die Einnahmen kontinuierlicher fließen und planbarer gemacht werden. Bereicherung? Mitnichten, wenn man Kaufpreis und Abo-Gebühr einmal vergleicht: Für beide Apps (macOS und iOS) wurden bisher rund 70 Euro fällig, knapp zwei Jahre Abonnement – für Bestandskunden sogar gut 3½ Jahre. In dieser Zeit wäre mit einem kostenpflichtigen Update zu rechnen, welches preislich ebenfalls etwa in diesem Rahmen läge. Sicherlich gibt es immer ein paar Nutzer, die Updates  je nach Mehrwert überspringen und ältere Versionen länger nutzen. Andererseits lässt sich Ulysses nun auch temporär nutzen und nur einen Monat für die Hausarbeit abonnieren. Win-Win?

Ja, ich bin inzwischen der Meinung, dass ein Abo-Modell eine Win-Win-Situation darstellt und das sowohl für Entwickler, als auch für Nutzer. Klar gilt das nicht bei jeder popeligen App, wohl aber bei hochpreisigen und hochwertigen Anwendungen, die man wirklich rege nutzt oder tief in seinen (beruflichen) Workflow eingliedern konnte. Gerade wenn man sein Geld mit Software X verdient, sieht man die Sache ein wenig anders, entsprechend fällt der Aufschrei derlei Nutzer leiser aus. Einfach weil man im kommerziellen Bereich in der Vergangenheit nicht so extrem von kostenlosen Updates verwöhnt wurde. Mit Start des App Stores haben „wir“ gelernt, dass Updates fast immer kostenlos daherkommen. Eine kostenpflichtige Update-Funktion für die App Stores dieser Welt wäre noch immer wünschenswert – fraglich allerdings, ob dies langfristig etwas nützen würde.

Die Frage ist nur, wie lange das Abo-Modell noch als „Heiliger Gral“ dienen kann? Immerhin bekommen immer mehr Apps ein Abo spendiert (zuletzt beispielsweise 1Password und TextExpander). Und so kommt je nach genutzter Anwendung recht schnell eine beachtliche monatliche oder jährliche Summe zusammen, die man irgendwie in seinem Haushaltstagebuch unterbringen muss. Und im Anblick der aufgelaufenen Summe wird der ein oder andere Nutzer ganz bestimmt überlegen, ob er App X mit allen Funktionen derart nutzt, dass das Abo notwendig ist – oder ob nicht eine simplere Alternative ausreichend ist. Ja, ich sehe die Vorteile im Abo-Modell – und gleichzeitig kommt es mir irgendwie wie eine große Blase vor, die irgendwann platzen muss…

Quelle Ulysses

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4 Kommentare vorhanden

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich hierbei sowohl den Entwickler, als auch den Nutzer gut verstehen kann. Software muss sich finanzieren, Entwickler brauchen eben auch ein Dach über dem Kopf. Zahle ich jedoch für jede App 5-10€ im Monat, summiert es sich, wie du schon gesagt hast, sehr schnell.

Es gibt Alternativen wie Setapp. Ob sich das für die Entwickler rechnet, muss sich mittelfristig zeigen., Ich würde mir jedoch wünschen, dass die Unternehmen sowohl Abo- als auch Standalone-Lösungen anbieten, mit einer Update-Garantie (z. B. Version 2.0, drei Jahre lang Sichehreitsupdates) und Möglichkeiten, jederzeit hin und her zu wechseln.

    Dann müsstet du die Standalone-Preise aber entsprechend anpassen, 20 € für drei Jahre schafft kein kleiner Entwickler. Gleichzeitig wollen Abo-Nutzer bei der Stange gehalten werden, also schneller neue Funktionen bekommen – was aber bei Standalone-Lizenzen so nicht drin ist.

    Das Problem an der ganzen Sache hast du schon selbst in einem letzten Satz genannt: „Update-Garantie“ bei Standalone-Versionen. Kurioserweise hätte noch vor ein paar Jahren niemand Geschrieen, wenn das nächste Major-Update kostenpflichtig veröffentlicht wird. Diese Denke fing mit der Apple-Entscheidung, Updates von OS X kostenlos zu vertreiben an und zog sich dann über die App Stores weiter.

    Man dreht sich halt im Kreis, aber meiner Meinung nach ist ein „Einmal für viele Jahre zahlen“ gerade in der heutigen, schnelllebigen Zeit nicht mehr Zeitgemäß und nur schwer machbar. Andererseits hat eben auch das Abo die erwähnten Nachteile. Patt. Es fehlt irgendwie eine andere Möglichkeit, aber keine Ahnung: Eventuell eine Software modular aufbauen und neue Funktionen (entsprechend ihrer Größe) für ein bis zwei Euro als In-App-Kauf veröffentlichen?

    Möchtest du günstige Preise, wählst du das Abo, nutzt du die Software z. B. nur sporadisch und brauchst nicht immer die neusten Funktionen, kannst du eine Standalone kaufen. Ich nutze immer noch Photoshop und InDesign CS 5, da ich es so selten verwende, das sich ein Abo bei mir nicht lohnen würde – diese Versionen sind immer noch benutzbar und mit Windows 10 kompatibel (auch wenn man anmerken muss, dass ich primär einen Mac verwende).

    Ich sehe auch heute noch kein Problem darin, Geld für gute Software zu bezahlen, vor allem, wenn es Dinge sind, mit denen ich täglich arbeite und unter Umständen auch gleich Geld verdienen kann – ich denke es sind auch weniger die Pro-User, die nach kostenfreien Updates / Upgrades schreien, sondern der Hobbyanwender.

    „Eventuell eine Software modular aufbauen und neue Funktionen (entsprechend ihrer Größe) für ein bis zwei Euro als In-App-Kauf veröffentlichen?“

    Wenn die Leute nicht mal bereit sind, für eine App im App Store ein paar Euro (sagen wir mal bis zu 10€) auszugeben, wird das am Desktop auch nicht funktionieren, denke ich. Das Preismodell fände ich jedoch sehr interessant.

Abomodel für nen Texteditor? Das ist ein Rentenmodel für die Entwickler. Egal wie gut er ist, ist das für mich ein Ausschlusskriterium. Warum kaufe ich Software? Wenn ein Software zum Zeitpunkt des Kaufes einen Nutzen verspricht, den ich nutzen möchte und der Preis dafür in der Relation dazu steht, spricht nichts dagegen. Also kaufe ich. Ein Abomodel gibt lediglich den Entwicklern nen gedeckten Tisch ohne wirklich weitere Inovationen oder gar neue Produkte entwickeln müssen. Erinnert mich an Musikrechte. Da leben Generationen von ‚alten Titeln‘. Kurz gesagt: „Abomodell? Nicht mein Ding“.

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