Manch einer hat vielleicht schonmal mit dem Gedanken gespielt, sich eine (oder mehrere) IP-/WLAN-Kameras in die eigenen vier Wände zu hängen – sei es um im Falle eines Einbruchs gewappnet zu sein, eine Bewegtbild-Alternative zum Babyfon zu haben, Hund oder Katze zu beobachten, oder oder oder. Nun gibt es bereits genügend Kameras für die eigenen vier Wände, von günstig bis teuer dürfte für jeden Geldbeutel etwas erschwingliches dabei sein. Aktuell habe ich mir einmal die Xiaomi Mi Smart Camera angeschaut, die ich von Gearbest zur Verfügung gestellt bekommen habe und die mit einem Preis von etwa 25 Euro sicherlich zu den erschwinglichsten Kameras gehören dürfte. Bei dem Preis erwartet man nun sicherlich keine Höchstleistung, durch das Xiaomi-Label (die Kamera selbst stammt von iSmartAlarm) aber werden dennoch ein paar Erwartungen erweckt. Wollen wir doch also mal schauen, wie sich die Kamera so schlägt…
Die Xiaomi „XiaoFang“
Die Kamera selbst ist in einer Würfelform gehalten und fällt mit einer Seitenlänge von etwa fünf Zentimetern recht klein aus – hinzu kommt dann lediglich noch der Sockel mit seinen fünf Millimetern. Die gesamte Kamera besteht aus weißen (der Sockel aus grauem) Kunststoff, weswegen das Gewicht der Kamera mit rund 100 Gramm gering ausfällt. An der Verarbeitung selbst gibt es eigentlich nichts auszusetzen: Es klappert nichts, es lässt sich nichts eindrücken und die Aussparungen für die Stecker sind sauber. Auch die Spaltmaße sind absolut in Ordnung, lediglich auf der Rückseite gibt es eine minimale Erhöhung der Kanten, wäre aber angesichts des Preises Jammern auf hohem Niveau.
Die Front beherbergt neben der eigentlichen Kamera auch zwei Infrarot-LEDs und ein kleines Mikrofon, an der Rückseite finden sich ein integrierter (Mono-)Lautsprecher, ein USB-Stecker (keinen Plan wozu der da ist), einen MicroUSB-Anschluss zwecks Stromversorgung, sowie eine Status-LED. An der Unterseite gibt einen Slot für die microSD-Karte und einen kleinen Setup-Button. Der Sockel selbst lässt sich recht flexibel drehen und verstellen und dank des Magneten lässt sich die Kamera an metallischen Oberflächen befestigen. Löcher zur Wandmontage fehlen leider, sodass man entweder selbst Hand anlegen muss oder sich den Ratschlag von Xiaomi an nimmt und auf doppelseitiges Klebeband zurück greift (sic!).
Die erste Einrichtung
Zum Betrieb der Smart WiFi Camera wird zwingend die Xiaomi-eigene MiHome-App benötigt, eine andere Möglichkeit, auf die Kamera zugreifen zu können gibt es nicht, die Bezeichnung „IP-Kamera“ ist also etwas irreführend. Außerdem hat die MiHome einen kleinen Haken: Einige UI-Teile für bestimmte Geräte sind nicht übersetzt, sondern nur auf Chinesisch. Aber: Gar nicht sooo tragisch, auch ohne Chinesisch-Kenntnisse ist die erste Einrichtung der Kamera ruck zuck erledigt. Ich gehe hierbei bereits davon aus, dass ihr die App installiert und euch bereits einen Mi-Account angelegt habt (ohne geht es leider nicht). Tipp: Sollte die App bei euch komplett auf chinesisch sein, kurz mal die unteren Schritte nachvollziehen.
Zunächst fügen wir unserer App ein neues Gerät hinzu und in der Auswahl erkennt man bereits, dass nur ein Teil der Namen übersetzt wurde. Aber dank kleiner Bildchen nicht weiter tragisch, wählt einfach die Würfelkamera mit dem kürzeren Namen aus. Nun folgen nochmal ein paar chinesische Blöcke, dank Visualisierungen ist aber auch das machbar. Kurz einmal auf den Setup-Button an der Kamera drücken, danach euer WiFi-Netzwerk und -Passwort eingeben (lediglich WLAN 802.11b/g/n auf 2,4 GHz) und die Kamera dann vor euer Smartphone halten, sodass diese den QR-Code erfassen kann. Nun quatscht die Kamera ein wenig (natürlich: auf Chinesisch) mit euch und nach kurzer Zeit ist sie dann fertig eingerichtet.
Als nächstes müsst ihr einen entsprechenden Raum eingeben, könnt ihr über das „+“-Zeichen machen oder aber ihr nehmt einfach etwas aus den Vorschlägen. In der darauffolgenden Ansicht könnt ihr nochmals den Raum angeben und die Kamera umbenennen, im dritten und letzten Schritt lässt sich der Zugang zur Kamera mit anderen Mi-Nutzern teilen. Sobald auch das abgeschlossen ist, solltet ihr zurück zu Hauptansicht der MiHome-App geleitet werden und solltet ihr dann eure Kamera vorfinden. Bei mir klappte die Einrichtung auch ohne ohne große Problem direkt auf Anhieb, vor allem die Sache mit dem QR-Code ist ganz simpel und funktional gelöst.
Die Kamera im Einsatz
Über einen Tap kommen wir zur Hauptübersicht der Kamera, in der wir alle verfügbaren Funktionen angezeigt bekommen. Im oberen Bereich findet ihr die aktuelle Übertragungsgeschwindigkeit der Kamera, könnt zwischen drei verschiedenen Qualitätsstufen () wählen, die Soundübertragung ein- und ausschalten und einen Vollbildmodus aktivieren. Der Zugriff auf die Kamera funktioniert im übrigen natürlich auch von unterwegs aus, hier macht ihr aber einen Umweg über die Xiaomi-Server. Ist zwar bei fast allen (IP-)Kameras mit Fernzugriff der Fall, ist allerdings sicherlich nicht jedermanns Sache und man sollte sich darüber eben im Klaren sein – deaktivieren lässt sich dies nämlich nicht. Sofern ihr über das mobile Datennetz auf die Kamera zugreift, solltet ihr natürlich die Qualität ein wenig herunterschrauben, dann ist die Übertragung logischerweise flotter.
Die Kamera selbst bietet einen Aufnahmewinkel von 110 Grad und nimmt mit 1080p (Full HD) und 10 Bildern pro Sekunde auf, was eine gute Qualität erwarten lässt. Allerdings nur in der Theorie, denn in der Praxis hat man dann doch ein paar Artefakte, gerade bei schlechteren Lichtverhältnissen ein Rauschen und auch die Details sind sicherlich nicht auf hohem Niveau. Allerdings ist die Bildqualität mit Blick auf den Preis und für die Zwecke einer transportablen „Plug & Play“-Mini-Hauskamera geht sie absolut in Ordnung, sowohl im Hellen, als auch im Dunkeln. Vor allem letzteres hat mich dann doch ein wenig überrascht, da die Xiaomi-Kamera nur zwei Infrarot-LEDs mit einer Wellenlänge von 850nm besitzt. Für die, die es interessiert: Ja, man sieht die beiden Infrarot-LEDs in der Nacht als kleine rote Punkte.
Unterhalb des Bildes findet ihr dann noch ein paar Funktionen:
- Speak: Haltet ihr die Taste gedrückt, könnt ihr in euer Smartphone sprechen und die Person vor der Kamera hört dies dann. Die Qualität ist zwar ein wenig blechern, aber verständlich und „okay“. Außerdem muss natürlich eine Latenz berücksichtigt werden, eine Konversation in Echtzeit wie bei Skype und Co. ist also nicht möglich.
- Record: Über den Record-Button könnt ihr eine Videoaufnahme manuell starten, diese Aufnahmen werden auf der Speicherkarte gespeichert – ohne microSD, keine Aufnahme.
- Snapshot: Es lassen sich natürlich auch kurze Einzelbilder speichern, diese werden auf eurem Smartphone gespeichert, unter iOS werden sie auch in die Fotos.app gelegt.
- Playback: Über den Playback-Button (heißt hier Palyback ) gelangt ihr zu einer Übersicht über alle eurer manuell aufgenommenen Videos und der dauerhaften Aufnahme (siehe unten), ebenso habt ihr über die Ansicht auch einen Zugriff auf eure Snapshots. Was schade ist: Videos lassen sich nicht exportieren, sondern können wirklich nur über die Mi-App betrachtet werden.
- OFF: Eigentlich logisch, schaltet die Kamera aus beziehungsweise in den Standby-Modus.
Darüber hinaus bietet die Xiaomi Smart Camera in den Einstellungen aber noch ein paar Optionen und Funktionen, auch hier einmal einen kurzen Überblick:
- Time Lapse: Die Xiaomi Smart Camera kann auch Timelapse-Aufnahmen erstellen, bei denen in regelmäßigen Abständen eine Einzelbild-Aufnahme ausgelöst wird. Ihr könnt entweder die vorgefertigten Einstellungen für Sonnenauf- und untergang nutzen oder aber manuell die Werte für den Aufnahmestart, der Dauer und dem Intervall festlegen.
- Records: In den Einstellungen findet ihr auch einen Punkt namens „Record“. Hier werden euch sämtliche Aufnahmen angezeigt, die die Kamera aufgrund einer erkannten Bewegung automatisch aufgenommen hat. Funktioniert auch ohne Speicherkarte, da diese Aufnahmen eben auf den Xiaomi-Servern gespeichert werden. Sollte man im Hinterkopf behalten, wie eingangs erwähnt.
- Smoke Alarm Detection: Die Smart Camera kann euch auch darüber informieren, wenn euer Rauch- oder CO2-Melder Alarm schlägt. Ist keine „echte“ Verbindung zwischen Melder und Kamera, vielmehr reagiert die Kamera nur auf die sehr lauten Geräusche der Rauchmelder.
- Continous recording: Bei der kontinuierlichen Aufzeichnung nimmt die Kamera, wie es der Name schon vermuten lässt, dauerhaft auf, ohne dass ihr diese manuell aktivieren müsst. Ist der Speicher dann einmal voll, werden die zuerst aufgenommen Stunden gelöscht. Je nach Größe der Speicherkarte und Bitrate (Bitrate bei guten Lichtbedingungen: etwa 400 Kbit/s; Bitrate bei Lowlight: etwa 250 Kbit/s) unterscheiden sich die aufgenommenen Stunden natürlich, ich kam mit einer 32 Gigabyte-Karte auf etwa 160 Stunden Aufnahmedauer. Reicht. Leider auch hier: Kein Export der Aufnahme über die Mi-App.
- Weitere Einstellungsmöglichkeiten: Neben den oben genannten Punkten gibt es in den Einstellungen auch noch diverse Regler, mit denen ihr Dinge wie die Bewegungserkennung, den Nachtsichtmodus und die Status-LED an der Kamera ein- und ausschalten könnt, außerdem könnt ihr das Bild auf dem Smartphone auch um 180 Grad drehen lassen, falls ihr die Kamera zum Beispiel über Kopf installiert habt.
Fazit zur Mi Smart Camera
Fassen wir doch mal kurz alles zusammen: Die Kamera fällt wirklich klein aus, die Verarbeitung ist absolut solide, durch den MicroUSB-Anschluss ist man auch bei der Wahl des Kabels flexibel und die Kamera lässt sich so auch mittels Powerbank unterwegs nutzen. Die Bildqualität hat zwar gerade bei schlechteren Lichtverhältnissen leichte Schwächen, macht aber insgesamt einen guten Eindruck und vor allem der Nachtsichtmodus konnte überraschen. Der Bewegungsmelder reagiert ebenso zuverlässig, die bidirektionale Sprachübertragung hat zwar eine leichte Verzögerung, funktioniert ansonsten aber ohne Probleme, und wer mag, der kann sogar zwei Kameras über den Magnet einfach aufeinanderstecken und so das Sichtfeld der Kamera auf 180 Grad erweitern.
Aber es gibt eben auch ein paar schattige Seiten. Zunächst muss man wie erwähnt im Hinterkopf behalten, dass zwecks Live-Stream eben ein Xiaomi-Server im Spiel ist, hier werden auch die durch den Bewegungsmelder automatisch ausgelösten Aufnahmen gespeichert. Ebenso fehlt mir in der App eine Exportfunktion der Videos, diese lassen sich nur über die Speicherkarte betrachten – nehmen Einbrecher diese mit, sind die Aufnahmen mit Ausnahme der Auto-Aufnahmen futsch. Auch könnte Xiaomi die App endlich mal komplett ins Englische (Deutsch wäre ja zu viel verlangt) übersetzen und ein paar UI-Dinge verbessern – hier tut sich aber regelmäßig etwas und es geht stetig bergauf.
Insgesamt eine recht ordentliche Kamera, deren Schwächen man mit Blick auf den günstigen Preis von knapp 25 Euro ein wenig ausblenden kann – günstiger gibt es jedenfalls fast nichts mit dem gebotenen Umfang. Einsteiger oder solche Nutzer, die zum Beispiel explizit nach einer möglichst günstigen Lösung Ausschau halten, sind mit der Xiaomi Mi Smart Camera jedenfalls sehr gut beraten.
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