iPhone 14 Pro nach 4 Wochen: Was gefällt, was gefällt nicht?

Marcel Am 15.10.2022 veröffentlicht Lesezeit etwa 9:08 Minuten

Wie in jedem Jahr, so in diesem: Apple hat mal wieder pünktlich zum Herbst neue iPhone-Modelle vorgestellt, genauer gesagt das iPhone 14 (Plus) und das iPhone 14 Pro (Max). Die Zeiten, in denen es Jahr aufs Jahr neue Superlativen und Revolutionen gab, sind bei allen Herstellern schon lange vorbei, Evolution ist das Zauberwort. Gleichzeitig bieten aktuelle Smartphones so viel Leistung, dass diese oftmals über mehrere Jahre hinweg ausreichend sind. Das iPhone XS Max meiner besseren Hälfte macht keinerlei Mucken und muss sich auch nach vier Jahren nicht vor frischen Mittelklasse Smartphones verstecken. Klar, es gibt immer mal wieder neue Designs und auch die Kameras werden besser, aber nicht immer löst dies ein Gefühl des „Haben wollen“ aus. Da ist es kaum förderlich, dass Apple die Preise der neuen iPhone-Generation deutlich nach oben angepasst hat.

Ich für meinen Teil spielte lange mit dem Gedanken, ein weiteres Geräte-Jahr zu überspringen und bei meinem iPhone 12 Pro zu bleiben – habe mich dann aber doch für ein neues iPhone 14 Pro entschieden, was aber zugegeben kaum rationale Gründe hatte. Vier Wochen lag dieses nun täglich in meiner Hand, da wird es dann mal Zeit für ein Fazit. Ich gehe bewusst nicht auf sämtliche Details ein, denn gemeinhin weiß man, was man mit einem iPhone bekommt. Auch iOS 16 spare ich zu einem Großteil aus, da die meisten Neuerungen auch auf älteren Geräten verfügbar sind. Vielmehr möchte ich auf das ein oder andere Thema eingehen, die das iPhone 14 Pro im Vergleich zu seinem Vorgängern schlechter oder besser macht. Und soviel kann ich schonmal vorwegnehmen: Nimmt man ein iPhone 12  Pro oder erst recht 13 Pro als Maßstab, macht die neuste Generation gar nicht so viel besser.


Design: Beim grundlegenden Design hat sich mit dem iPhone 14 Pro nichts getan, Apple setzt hier das dritte Jahr in Folge auf ein kantiges Gehäuse mit abgerundeten Ecken. Dem Rhythmus nach dürfte dies auch im folgenden Jahr noch der Fall sein, wenn man sich die vorherigen Intervalle der Designänderungen anschaut. Sowas ist immer Geschmacksache, ich für meinen Teil mag das kantige Design. Hinzu kommt, dass sich die Kombination aus Edelstahlrahmen und Glas sehr gut anfühlt. Apple passt die Farben von Jahr zu Jahr ein wenig an, das 2022er Space Schwarz sieht aber wirklich stark aus und ist für mich der gelungenste Farbton in den letzten Jahren. Was man aber festhalten muss: Der Edelstahlrahmen hat schon immer Fingerabdrücke angezogen, im Vergleich zum iPhone 12 Pro sind Fingerabdrücke aber auch auf der Rückseite deutlich sichtbarer. Wer das Gerät in einer Schutzhülle hat, den wird das weniger stören – mit Ausnahme von Kneipenbesuchen und Konzerten nutze ich meine Geräte aber prinzipiell nackt. Mein 12 Pro sah auch nach 2 Jahren und einigen Stürzen aufs Laminat noch wie neu aus.

Display: Zum Display muss man fast nicht viel sagen, denn die waren auch bei den Vorgängermodellen schon mit die besten auf dem Markt. Apple bezeichnet das Display als Super Retina XDR Display, was letztlich nichts anderes als ein OLED-Panel mit einer Auflösung von 460 ppi ist. Klar, technisch ginge mit QHD oder 4K noch mehr, geht allerdings zu Lasten der Akkulaufzeit und würde fürs Auge wohl kaum nennenswerte Unterschiede mitbringen. Das Display ist absolut scharf und gibt Farben absolut natürlich wieder. Wie auch schon das iPhone 13 Pro bringt auch die 14er-Generation Pro Motion mit, sprich das Gerät kann bei Bedarf (z.B. beim schnellen Scrollen) auf eine Bildwiederholrate von bis zu 120 Hertz zurückgreifen. Dies soll flüssigere Darstellungen ermöglichen, aber ehrlich: Mag technisch sein, ist mir aber beim iPhone 12 Pro nie negativ aufgefallen und ich hatte auch mit dem iPhone 14 Pro zu keinem Zeitpunkt ein Gefühl von „Ach, schau mal an“.

Gleiches gilt auch für die Display-Helligkeit, dafür zum Vergleich mal die vorab die technischen Daten der beiden Vorgänger: Das iPhone 12 Pro bot eine typische Helligkeit von 800 Nits (und 1.000 beim iPhone 13 Pro), die maximale Helligkeit bei HDR liegt bei 1.200 Nits. Das iPhone 14 Pro wiederum bietet regulär 1.000 und bei HDR-Inhalten 1.600 Nits, im Freien sollen sogar satte 2.000 Nits möglich sein. In der Praxis habe ich aber bisher keine großen Unterschiede feststellen können, auch bei direkter Sonneneinstrahlung sahen beide Displays für mich zumindest ähnlich aus. Vielleicht muss man für ein abschließendes Fazit auf den nächsten Hochsommer warten, denn offensichtlich konnte ich die maximale Helligkeit noch nicht triggern und manuell ist dies nicht möglich. Ja, es ist minimal heller, aber nicht so, als dass es mir ein wirkliches „Wow“ auf die Lippen zaubert.

Always-On-Display: Neu ist hingegen ein Always-on-Display, sprich das Display schaltet sich zu keinem Zeitpunkt wirklich aus. Bieten Android-Smartphones schon seit Jahren und dies war eine häufige Forderung in Richtung Cupertino. Apple hat das ganze aber deutlich anders umgesetzt: Während Android-Hersteller nur ein paar Pixel dunkel beleuchtet lassen um zum Beispiel die Uhr und Benachrichtigungssymbole anzuzeigen, zeigt das iPhone 14 Pro weiterhin den ganz normalen Sperrbildschirm an, allerdings mit einem abgedunkelten und mit 1 Hertz laufenden Bildschirm. Vergleichbar mit dem Abdunkeln älterer iPhone-Modelle, bevor sich das Display dann ganz ausschaltet. Was ist aber interessant gedacht finde: Verlasst ihr mit Apple Watch den Raum, steckt das iPhone in die Hosentasche oder dreht ihr es auf die Displayseite, wird das Display dann doch gänzlich ausgeschaltet.

Liest man sich ein paar Stimmen durch, ist die Verdunkelung vielen aber noch zu hell, bis dato bietet Apple aber auch keine Anpassungsmöglichkeit an. An der Helligkeit kann ich persönlich nichts bemängeln, es stört auch nicht auf dem Nachttisch. Ich bin beim Always-on-Display aber völlig nüchtern eingestellt, denn ich ziehe schlicht keinen Nutzen aus dem dauerhaft eingeschalteten Display. Mag daran liegen, dass ich Benachrichtigungen aufs Handgelenk bekomme und auch falls nicht, das Gerät so in Reichweite liegt, dass ich das durch die Push-Benachrichtigungen einschaltende Display mitbekomme. Ich habe es aber dennoch eingeschaltet gelassen, aber eben nicht, weil ich irgendeinen produktiven Vorteil daraus ziehen können – sondern einfach nur, weil es doch recht cool ausschaut.

Dynamic Island: Ein weiterer Abschnitt, der in Verbindung zum Display steht. Denn mit dem iPhone 14 Pro hat sich Apple von der teils ungeliebten Notch verabschiedet und setzt stattdessen auf einen pillenförmigen Ausschnitt. Dank Software-Anpassungen sieht es tatsächlich wie ein Ausschnitt aus, bei genauerem Hinsehen fällt aber auf, dass es zwei Hardware-Aussparungen sind. Um den Bereich halbwegs produktiv in die alltägliche Nutzung zu integrieren, hat Apple um diese Aussparung herum die Dynamic Island entwickelt: Je nach Kontext vergrößert sich die „Insel“ und zeigt beispielsweise Albumcover laufender Songs, Anruferinformationen oder andere Inhalte an. Technisch und softwareseitig wirklich nett umgesetzt, aktuell konnte ich aber noch keinen wirklichen Vorteil gewinnen. Liegt aber auch daran, dass bislang nur Apple-eigene Apps die Dynamic Island nutzen können, Drittentwickler kommen erst mit iOS 16.1 ins Spiel – und dann wird sich zeigen, was die Insel wirklich bringen kann.

Notch vs. Pille: Nicht wenige empfanden die mit dem iPhone X eingeführte Notch als häßlich, ich zähle mich aber nicht dazu. Insbesondere Vergleiche mit Android hinken, denn durch die FaceID-Komponenten muss Apple bedeutend mehr Technik unterbringen, als nur eine Frontkamera. War die Notch störend? Mitnichten, da sie nicht über die Statusleiste hinausging und daher keine wirkliche aktive Displayfläche für sich beanspruchte. Anders aber die Pille des iPhone 14 Pro: Natürlich erhöht sich die sichtbare Pixelzahl, aber die neue Aussparung reicht sichtbar tiefer ins Display hinein, gleichzeitig bringt der schmale Streifen oberhalb der Pille keinerlei Vorteile. Bei Apps mit schwarzem Hintergrund sieht die Pille wirklich besser aus, bei hellen Hintergründen empfinde ich die Pille aber störender als die alte Notch. Da bleibt wirklich nur zu hoffen, dass die Dynamic Island mit der Freigabe für Drittentwickler noch deutlichere Nutzungsgewinne erzielt, denn das Software-Feature ist in meinen Augen der einzige Vorteil der neuen Aussparung.

Kamerabuckel, Fotos und Videos: Was mir direkt nach dem Auspacken aufgefallen ist, ist der Kamera-Buckel. Beim iPhone 12 Pro war dieser schon dick, beim iPhone 13 Pro minimal höher, mit dem iPhone 14 Pro hat Apple aber den Vogel abgeschossen. Der ist wirklich fett. So fett, dass das iPhone nicht nur deutlich(er) auf dem Tisch absteht, sondern auch die ein oder anderen Qi- und MagSafe-Charger nahezu nutzlos oder zumindest eingeschränkter nutzbar macht. So das iPhone 12 Pro noch dank MagSafe sicher auf der Ladestation verblieb, greift der Magnet einfach nicht mehr, weil das Gerät durch den Buckel entweder gar nicht oder nur kaum in die magnetische Reichweite gelangt. Und wenn, dann muss man aufpassen, dass es nicht verrutscht. Ich habe nichts gegen die Kamera-Buckel aktueller Smartphones per se, aber das ist schon eine Hausnummer. Gut, dass meine MagSafe-Station im Nachttisch aus dem 3D-Drucker stammt, da kann man es anpassen.

Bei der Qualität der Aufnahmen kann man kaum wirklich etwas kritisieren. Auch wenn bekannte Vergleichsseiten anderen Geräten in dem ein oder anderen Detail eine bessere Bildqualität bescheinigen: Als „Schnappschussnutzer“ wird man zwischen den aktuellen Flagschiffen Unterschiede nur in Nuancen bei bestimmten Bildmotiven ausmachen können. Bilder unter guten Lichtbedingungen können fast alle, auch bei Dämmerung und in der Nacht werden die Unterschiede geringer. Der zweifache Zoom beim iPhone 14 Pro wurde spürbar besser, den dreifachen Zoom würde ich wenn überhaupt aber nur mit Stativ nutzen, sonst werden die Bilder schnell verwackelt. Gefallen habe ich am Makromodus gefunden, auch wenn die Kamera hier etwas träge fokussiert. Die von Apple hervorgehobene 4x höhere Auflösung in ProRAW? Nett, aber für Nicht-Fotografen wohl kaum relevant.

Was ich stark finde, ist aber die Qualität der Videoaufnahmen. Neben der inzwischen fast obligatorischen Bildstabilisierung in Videos hat Apple dem iPhone 14 Pro eine zusätzliche Bildstabilisierung spendiert, die man „Action Modus“ getauft hat. Dieser Modus soll auch dann weitgehend flüssige und wackelfreie Videos sicherstellen, wenn sich der Nutzer beim Filmen intensiver bewegt. Laut Apple soll zusätzliches Equipment wie beispielsweise ein Gimbal zur Stabilisierung der Aufnahmen zukünftig überflüssig werden. Ob die Kamera derlei Bewegungen wirklich nahezu komplett beseitigen kann muss sich noch zeigen, eine kleine Testaufnahme in Freihand auf dem Rad läuft aber butterweich über den Bildschirm – der Belag auf dem letzten Teil des Videos war sehr grob und als Radfahrer zittert man sich hier über den Weg. Im Gegensatz zur vollen Fotoauflösung in ProRAW bietet der neue Action Mode tatsächlich auch für Hobbyisten einen Mehrwert.

Akkulaufzeit: Die Akkulaufzeit der iPhones wurde schon seit jeher belächelt, ich konnte hier aber in all den Jahren noch nie meckern. Beim iPhone 14 Pro spricht Apple von bis zu 23 Stunden Videowiedergabe. Auch beim Always-on-Display habe ich keine großen Probleme über den Tag zu kommen, wobei es natürlich immer auf die Nutzungssenarien ankommt. Mit Surfen, Mail, Messenging und hier und da ein wenig Musik muss ich mich von morgens bis abends nicht auf die Suche nach einer Steckdose machen. Andererseits bekommt ein Teams-Call mit Kamera und Video den Akku in 3-4 Stunden auch an den Rand der Leerung, das war beim iPhone 12 Pro nach den Jahren aber schlimmer. Schade ist aber, dass Apple weiterhin kein wirkliches Schnellladen unterstützt, etwa 1½ Stunden benötigt es für eine vollständige Ladung via Kabel, 90 Prozent sind in etwa 60 Minuten drin.

Weiteres: Was gibt es denn sonst noch erwähnenswertes? Die beiden Stereo-Lautsprecher an der Unterseite bieten einen vollen und klaren Sound und können hier und da mal als Mini-Jukebox dienen – all zu viel sollte man aber natürlich nicht erwarten, wenngleich die Lautsprecher der iPhone schon weit vorne liegen. Positiv im Vergleich zum iPhone 12 Pro aufgefallen ist die Qualität der Mikrofone, die Hintergrundgeräusche und Rauschen noch besser filtern. Die neue Satellitenkommunikation lässt sich hierzulande aktuell noch nicht nutzen und ob die Unfallerkennung so funktioniert wie sie sollte, möchte ich am besten nie herausfinden. Und die Leistung des Gerätes? Darüber verliere ich bewusst kein Wort: Wenn ich mir das iPhone XS Max meiner besseren Hälfte oder auch mein iPhone 12 Pro anschaue, kommt bei beiden Geräten kaum das Gefühl auf, dass die Leistung nicht mehr ausreicht. Hier und da merkt man es durchaus mal, wäre aber kein Kaufargument.

Fazit & tl;dr: Das iPhone 14 Pro ist eine solide Weiterentwicklung der iPhone-Reihe, beim Thema Verarbeitung und Haptik gibt es nichts auszusetzen. Mit Weiterentwicklungen gehen immer Änderungen einher, die nicht jedem Zusagen und da macht auch die Generation 14 keine Ausnahmen. I know, unpopuläre Meinung: Die neue pillenförmige Aussparung fällt mir häufiger störend ins Auge als es die Notch jemals tat. Bleibt zu hoffen, dass Drittentwickler nützliche Features für die Dynamic Island bringen und der Mehrwert nicht versackt, aktuell ist dieser noch recht dünn. Gleiches gilt auch für das Always-on-Display, welches zwar cool aussieht, mir persönlich aber Null Vorteile bietet. Der extrem dicke Kamerabuckel kann beim kabellosen Laden extrem nervig sein, die Qualität von Foto- und Videoaufnahmen wiederum weiß zu Gefallen. Insgesamt wirkt das iPhone 14 Pro eher wie ein iPhone 13s Pro. Von einem iPhone 12 Pro kommend kann ein Upgrade lohnenswert sein. Wer aktuell ein iPhone 13 Pro sein eigen nennt, dem würde ich aufgrund der geringen wirklichen Unterschiede und Neuerungen aber ein Sabbatical empfehlen; das iPhone 15 Pro dürfte wieder ein etwas größeres Update werden.

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