Shokz OpenFit im Test: Offenes Kopfhörer-Design ohne Knochenschall für Läufer, Radfahrer und Co.

Marcel Am 29.07.2023 veröffentlicht Lesezeit etwa 9:00 Minuten

Der chinesische Hersteller Shokz, bis vor einigen Monaten noch als AfterShokz unterwegs, ist bisweilen vor allem unter Sportlern für seine Kopfhörer bekannt. Diese setzen nämlich nicht auf den herkömmlichen Wege, um Klänge ins Ohr zu bringen, sondern arbeiten nach dem Prinzip der Knochenschallübertragung – im Englischen Bone Conducting. Zwar kann die Knochenschall-Technologie in Sachen Sound nicht auf übliche In- oder On-Ear-Kopfhörern mithalten, diesen Nachteil macht jedoch das offene Design wett, denn auf diese Weise kann man zwar beim Joggen, auf dem Rad oder sonst wo Musik und Podcasts hören, bekommt aber gleichzeitig noch Geräusche aus der Umgebung mit. Der OpenRun Pro und nachfolgend auch der kleinere OpenRun Mini haben sich mit steigender Kilometerzahl zu meinen bevorzugten Workout-Kopfhörern entwickelt. Umso interessierter war ich auf das neuste Modell des Herstellers: den Shokz OpenFit. Diese verzichten zwar erstmals auf die Knochenschall-Technologie, setzen aber weiterhin auf ein offenes Design, welches den Gehörkanal nicht blockieren soll.


Das erste Auspacken ist schnell erledigt, denn allzu viel findet sich nicht in der Verpackung wieder. Wie für True-Wireless-Kopfhörer üblich kommen auch die in Schwarz oder Weiß/Beige erhältlichen OpenFit-Kopfhörer in einem etwa 6,5 x 6,5 x 2,5 Zentimeter großem (oder kleinem) Gehäuse daher. Auf den ersten Blick wirkt das Gehäuse recht wertig, auch aufgrund der leicht gummierten Oberfläche. An der Front ist eine kleine LED eingelassen, die den Ladestatus des Case anzeigt, auf der Rückseite ist der USB-C-Anschluss zum Laden von Case und Kopfhörer untergebracht. Wird das Case geöffnet, zeigen sich die verschränkt gegeneinander eingelegten Ohrstücke, die per Magnet an die korrekte Position gezogen und induktiv geladen werden. Optisch erinnern diese an klassische In-Ear-Kopfhörer mit Ohrbügel, allerdings wird kein Ohrstöpsel in den Gehörgang gebracht, vielmehr liegen diese nur leicht auf der Ohrmuschel auf, aber dazu später noch ein paar Worte mehr.

Die Kopfhörer selbst sind mit einer Silikonschicht versehen, die das Tragen angenehmer gestalten soll, indem sie sich schnell an die Hauttemperatur anpassen. Dazu kann ich weder wirklich positives noch schlechtes zu sagen, sie fühlen sich aber angenehm an, sowohl in der Hand, aber auch am Ohr. Zertifiziert sind diese übrigens nach IP54, sie sind also vor vor Spritzwasser und Schweiß geschützt und taugen daher auch für eine Laufrunde im Regen. Im Gegensatz zu den OpenRun-Modellen aber ein kleiner Rückschritt, immerhin besitzen diese eine IP67-Zertifizierung. Durch die Bügel läuft ein 0,7 Millimeter dünner, flexibler Titandraht, welcher für eine ergonomische Passform sorgen soll und auch verhindert, dass die Bügel mit der Zeit ihre Form verlieren. An der Seite von jedem der beiden rund 8 Gramm „schweren“ Ohrhörer befindet sich ein Knubbel, der die eigentliche Technik (Treiber, Mikrofone und Touch-Oberfläche) beherbergt.

Die Ohrhörer nicht im Gehörgang, sondern liegen nur auf dem Ohr auf. In der Theorie ist das Aufsetzen der Kopfhörer recht einfach, in der Praxis ist dies aber vor allem am Anfang ein wenig fummelig, wenn man den Dreh aber einmal raus hat, geht das so einfach wie das Einsetzen von AirPods und Co. Letztlich muss man „nur“ den Bügel von vorne hinter die Ohren schieben, sodass der Knubbel auf der Concha aka Ohrmuschel anliegt. Je nach Position verändert sich nicht nur der Halt der Kopfhörer, sondern auch der Klang. Da muss man einfach ein wenig experimentieren, erhält als Lohn aber einen Kopfhörer, der auch über mehrere Stunden angenehm zu tragen ist; auch mit Brille hatte ich keinerlei Probleme oder unangenehme Druckstellen. Was den Halt betrifft blieben die OpenFit auch beim Laufen und Springen an Ort und Stelle und verursachten kein nerviges Kratzgeräusch. Aber: Beim Laufen durch stärkeren Regen rutschten die Kopfhörer leicht hin und her und büßten ein wenig an Halt ein. Abgesehen davon vergisst man aber schnell, dass man überhaupt Kopfhörer trägt – in meinem Fall sogar dann, wenn ich mal ausnahmsweise die eigentlich benötigte Brille trug.

Eine App für iOS und Android bietet Shokz ebenso an. Machen inzwischen immer mehr Kopfhörer-Hersteller entwickeln neben der Hardware auch passende Apps für iOS und Android, bei denen das Prädikat „Unnötig“ noch nett gesagt ist. Im Falle der OpenFit-Kopfhörer kann die – dennoch im besten Falle als funktional designt zu bezeichnende – App aber durchaus nützlich sein. Die integrierte Mediensteuerung hätte sich das Entwickler-Team durchaus sparen können, abgesehen davon ermöglicht die App aber auch Firmware-Updates, bietet einen Equalizer mit vordefinierten oder benutzerdefinierten Anpassungen, einen Blick auf den Ladezustand von Case und den beiden Ohrhörern, sowie eine Belegung der Touch-Funktionen. Aber: Hat man einmal seine Konfiguration gefunden, ist man schnell dazu geneigt die App auch wieder vom Gerät zu verbannen, denn außer den Feineinstellungen gibt es dann auf Dauer doch nur einen geringeren Mehrwert. Update: Man sollte sich aber gegebenenfalls auf anderen Wegen über interessante Firmware-Updates informieren, denn inzwischen gibt es ein Update, welches unter anderem das Multipoint-Feature nachliefert.

‎Shokz
‎Shokz
Preis: Kostenlos
Shokz
Shokz
Entwickler: Shokz
Preis: Kostenlos

Die Bedienung der Shokz OpenFit geschieht wie schon erwähnt mittels Berührung der Touchzonen auf beiden Ohrhörern. Funktionell gibt es einen Doppeltap oder ein längeres gedrückt halten, wobei ihr in der App festlegen könnt, was bei welcher Betätigung auf dem linken oder rechten Ohrhörer als Aktion erfolgen soll. Zur Auswahl steht Fortsetzen und Pausieren der Wiedergabe, das vor- oder zurückspringen von Tracks, dem Ändern der Lautstärke oder die Aktivierung des Sprachassistenten des verwendeten Smartphone-Systems. Das ganze ist gerade zu Beginn doch unerwartet fummelig und vor allem beim Aufsetzen oder dem Anpassen des Sitzes während der Laufeinheit passiert es gerne mal, dass man ungewollt eine Aktion auslöst. Alles in allem ist die Umsetzung aber ganz gelungen, erfordert aber eben wie auch das korrekte Aufsetzen der Kopfhörer etwas Übung. Auf meinen ersten Runden mit den OpenFit habe ich mir noch einen einfachen Tap gewünscht, muss allerdings fairerweise sagen, dass dieser wohl eher negativ konnotiert wäre – ich denke ein ungewolltes Betätigen könnte man in diesem Fall wohl kaum vermeiden.

Beim Thema Soundqualität konnte Shokz Audiophile noch nie wirklich abholen, wobei der Fokus bei den Knochenschallkopfhörern auch nicht auf den Sound lag, sondern auf dem offenen Design, welches auch Umgebungsgeräusche in eure Ohren lässt. Und im direkten Vergleich mit den OpenRun-Modellen muss man sagen, dass die OpenFit definitiv besser klingen; gleichzeitig verlieren die OpenFit den Vergleich mit handelsüblichen In-Ear-Kopfhörern. Aber rollen wir das Feld von vorne auf: Um ein bestmögliches Klangerlebnis zu bieten, setzt Shokz auf vergleichsweise große, dynamische Treiber mit 18 x 11 Millimetern. Hinzu gesellen sich eigens entwickelte Audiotechnologien wie DirectPitch und OpenBass: Erstgenanntes soll für eine bessere Balance zwischen Höhen, Mittel und Tiefen sorgen, während es sich bei OpenBass um einen Algorithmus zur Anhebung der tiefen Frequenzen handelt, mit der Bässe direkt an das Ohr weitergeleitet werden sollen, ohne diese zu verdecken. Und auch wenn die OpenFit lediglich mit den Codecs SBC und AAC umgehen können, ist das, was in den Ohren ankommt, doch hörenswert.

Natürlich muss man Abstriche machen und ich würde behaupten, dass In-Ear-Kopfhörer ab einer Preisklasse von 100 Euro aufwärts einen wesentlich besseren Klang bieten. Letztlich kommt aber auch viel darauf an, wie die Kopfhörer sitzen, denn mit änderndem Sitz verändert sich auch der Sound signifikant. Ist der Sitz aber gegeben, klingen die OpenFit deutlich besser als die OpenRun-Modelle und sind vergleichbar mit In-Ear-Kopfhörern des mittleren Preissegments. Das Klangbild liefert einigen ausgewogenen und stimmigen Kompromiss zwischen Höhen, Mitten und Tiefen, zeigen aber Schwächen, wenn die Tracks bevorzugt mit Höhen oder Tiefen punkten wollen. Ja, der Bass ist deutlich wahrnehmbarer als bei anderen offenen Modellen, aber eben nicht wie man es von AirPods und Co. kennt. Aber: Selbst bei den OpenRun-Modellen habe ich die Soundqualität in der Praxis nie bemängelt – wenn man gerade mitten im Cardio-Workout ist, hat man zumeist andere Sorgen als ein nicht ganz voluminöser Klang.

Bei der Sprachqualität für Podcasts oder Telefonie gibt Shokz aber mal wieder alles, bereits der Punkt war bei den Knochenschall-Kopfhörern sehr positiv. Gesprochene Worte kommen sauber im Ohr an, was gerade beim Hören von Podcasts wichtig ist. Noch mehr Punkte können die Kopfhörer aber bei Telefonaten sammeln, denn da sind die OpenFit wirklich stark. Jeder Ohrhörer besitzt zwei Mikrofone, mit denen Umgebungsgeräusche herausgefiltert werden. Zum Einsatz kommt hierbei eine eigens entwickelte AI Noise Cancellation-Technologie, die ihre Aufgabe mit Bravour erledigt. Meine Gesprächspartner jedenfalls bescheinigten den OpenFit eine sehr gute Sprachqualität und wenig bis keine Umgebungsgeräusche. Wenn ihr euch jedoch aktiv bewegt oder gerade auf dem Rad sitzt, kann es bei windiger Wetterlage aber dennoch zu dem ein oder anderen Störgeräusch kommen – das könnte ich bei anderen Kopfhörern auch aus ähnlicher Preislage aber ebenso bemängeln. Notiz am Rande: Sofern ihr die Kopfhörer nicht voll aufdreht, könnt ihr die Kopfhörer auch in Bus und Bahn nutzen, ohne Mitfahrende unbeabsichtigt mit eurem Gedudel belästigt. Auf den höheren Pegeln dringt natürlich auch etwas zu Umstehenden durch, das lässt sich bauartbedingt nie ganz ausschließen.

Für die Akkulaufzeit verspricht Shokz eine Laufzeit von bis zu sieben Stunden pro Akkuladung, wobei das Case Saft für insgesamt 28 Stunden bieten soll und die Kopfhörer nach fünf Minuten im Case wieder für eine Stunde einsatzbereit sind. Die Ladezeit kann ich nachvollziehen, bei der Laufzeit kommt es aber abermals auf die Lautstärke an. Bei mittlerer Lautstärke kommen auch die angepriesenen sieben Stunden mit minimalen Abweichungen hin, dreht ihr allerdings voll auf, reduziert sich die Akkulaufzeit der einzelnen Hörer schnell mal auf 5-6 Stunden. Was ich allerdings schade finde: Im Gegensatz zu den OpenRun-Kopfhörern besitzen die OpenFit keine Sprachausgabe, die kurz den Akkustand wiedergibt. Dies hatte zur Folge, dass ich Case und Kopfhörer dann fertig umgezogen vor dem Lauf nochmal laden musste. Eher ein Luxusproblem, die kleine LED im Case ist in meinen Augen aber zu unscheinbar, wenn man nach dem Workout die Kopfhörer wieder einlegt und nicht bewusst drauf achtet.

Die OpenFit setzen auf Bluetooth 5.2, wirklich viel zu sagen gibt es da nichts. Nach erstmaligem Einschalten wechseln die Kopfhörer sofort in den Verbindungsmodus und sind innerhalb weniger Sekunden mit dem Smartphone gekoppelt. Auch nach der Erstkopplung hatte ich keinerlei Probleme, sobald die Kopfhörer aus dem Case genommen werden, werden sie mit dem Smartphone verbunden. Schade ist allerdings, dass kein Multipoint-Pairing geboten wird. Ihr könnt die Kopfhörer also nicht mit zwei Geräten (zum Beispiel dem Smartphone und Rechner) verbinden und je nach Situation wechseln, ohne die Kopplung zurückzusetzen und neu zu verbinden. Nutze ich gerne, um im Office via Smartphone Musik zu hören, aber auch um Telefonate am Rechner anzunehmen. Update 01. September 2023: Mit dem heute veröffentlichten Firmware-Update für die OpenFit wird die Multipoint-Kopplung nachgeliefert. Das Update kann über die bereits erwähnte App heruntergeladen und auf den Kopfhörern installiert werden. Nice.

Mein Fazit zu den Shokz OpenFit ist eindeutig uneindeutig. Die Verarbeitung der Kopfhörer ist gut und sofern man den Dreh einmal raus hat, lassen sie sich auch über Stunden wirklich angenehm tragen. Anders als man vielleicht vermuten könnte rutschen die Ohrhörer auch beim Laufen nicht umher, wobei ich gerade bei Regen doch das ein oder andere Problem mit einem zuverlässigen Sitz hatte, da fangen die Ohrhörer schon ein wenig an zu „schwimmen“. Das mag aber von Ohr zu Ohr völlig unterschiedlich sein, müsst ihr einfach ausprobieren. Beim Klang muss man aufgrund des offenen Designs Abstriche machen, zumindest wenn man in gleichen Preisgefilden herum hört. Es gibt ein paar Schwächen bei den Höhen und Tiefen, allerdings ist das Klangbild deutlich besser, als man es von den Knochenschall-Modellen kennt. Wie immer bei den Shokz-Modellen hinkt der Vergleich aber, der Fokus liegt klar auf die Wahrnehmung der Umgebung. Gerade beim Radfahren oder Laufen an oder auf der Straße habe ich es in der Zwischenzeit zu schätzen gelernt, die Umwelt ohne Beeinträchtigungen wahrnehmen zu können.

Die Frage „OpenRun oder OpenFit“ ist wohl die Gretchenfrage, wenn man mit Kopfhörern mit einem offenen Design liebäugelt. Klanglich liefern die OpenFit ein wesentlich ausgewogeneres Bild ab und sind den OpenRun (auch den Pro-Varianten) überlegen, keine Frage. Der Unterschied fällt in ruhigeren Umgebungen naturgemäß stärker aus und relativiert sich, sobald ihr euren Puls beim Workout hochtreibt oder euch in lauteren Umgebungen aufhaltet. Daran würde ich persönlich meine Entscheidung also nicht fest machen. Im wahrsten Sinne des Wortes tragender ist die Frage nach dem Sitz der Kopfhörer und da empfinde ich die (zugegeben nicht unbedingt sehr sexy wirkenden) Kopfbügel der OpenRun-Modelle als wesentlich universeller, zumal die Umwelt auch noch etwas mehr zu euch durchdringt. Somit ist die Entscheidung also eine Frage des Geschmacks und der individuellen Bauweise eurer Ohren. Und vielleicht der Budgetgrenze, denn mit 199 Euro liegt der Straßenpreis für die OpenFit deutlich über den rund 140 Euro der OpenRun und vergleichbar mit den 190 Euro der OpenRun Pro.

Dieser Artikel wurde mir vom Hersteller als Testmuster zur Verfügung gestellt. Mehr Infos

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