Shokz OpenRun Mini im Test: Kompaktere Version der Knochenschall-Kopfhörer für Läufer, Radfahrer und Co.

Marcel Am 30.10.2022 veröffentlicht Lesezeit etwa 7:37 Minuten

Vor einigen Monaten konnte ich mir bereits die Kopfhörer OpenRun Pro von Shokz anschauen, so genannte Knochenschallkopfhörer. Im Gegensatz zu klassischen Kopfhörern werden diese nicht ins oder aufs Ohr gesetzt, sondern die eigentlichen Treiber sitzen nur locker auf dem Wangenknochen vor dem Ohr und übertragen den Ton – oder physikalisch korrekter ausgedrückt die Schallwellen – durch Vibrationen über den Schädelknochen direkt in das Innenohr. Dies hat den Vorteil, dass das Ohr frei bleibt und man Umgebungsgeräusche weiterhin wahrnehmen kann. Insbesondere beim Laufen oder Radfahren im Straßenverkehr erhöht das im Allgemeinen die Sicherheit und brachte einen deutlichen Mehrwert für mich mit, der die technologiebedingten offensichtlichen Nachteile in Form eines weniger vollumfänglich ausfüllendem Klang aufwiegt.

Meinerseits der einzige wirklicher Kritikpunkt an den OpenRun Pro war neben dem vergleichsweise hohen Preis auch der sehr weite Nackenbügel. Die dadurch entstehende Lücke zwischen Hinterkopf und Bügel tat dem Tragekomfort zwar keinen Abbruch, wer allerdings einen noch kleineren oder schmaleren Kopf hat, dem wird der Kopfhörer aber unter Umständen nicht fest genug auf den Wangenknochen sitzen. Oder aber man stellt die Style-Frage, da sammelt ein weniger abstehender Bügel natürlich mehr Punkte. Dieses Thema ist Shokz mit dem OpenRun Mini zwischenzeitlich bereits angegangen, dessen Kopfbügel um rund 2,1 Zentimeter geschrumpft ist. Allerdings stellt die Variante keine Mini-Version des Pro-Kopfhörers dar, sondern des OpenRun-Modells „ohne Pro“. Und so wollte ich einmal herausfinden, ob eher das Pro oder das Mini zum Kauf überzeugt.


Beim Auspacken und Blick auf den Lieferumfang wird bereits der erste Unterschied zum Pro-Modell deutlich: Denn statt eines stabilen Transportcase wird die Mini-Version der normalen OpenRun lediglich mit einem Aufbewahrungsbeutelchen ausgeliefert. Da aber auch der OpenRun Mini einen umhüllenden Rahmen aus Titan besitzt, muss man keine Sorge haben, dass dieser in der Sporttasche oder dem Rucksack beschädigt wird – egal ob nun mit oder ohne besagtes Trageetui. Die jeweils mitgelieferten Ladekabel sind darüber hinaus identisch; schade, dass man hierbei auf USB-A setzt, in 2022 sehe ich gerne USB-C-Kabel. Was positiv zu bemerken ist: Habe ich beim Pro-Modell noch bemängelt, dass für den recht kleinen Lieferumfang viel Plastikfolie zum Einsatz kommt, sieht es in dem Fall schon besser aus und lediglich das Kabel ist nochmal in einem kleinen Einwegbeutel verpackt.

Beim Design der OpenRun Mini hat Shokz nichts neues versucht, vielmehr bleibt man der aktuellen Designlinie treu. Neben der von mir genutzten schwarzen Version  steht auch noch eine weiße Variante zur Verfügung – eine Frage des persönlichen Geschmacks. Mit 26g ist das Mini-Modell nur unwesentlich leichter als das Pro-Modell, die drei Gramm Unterschied dürfte für kaum jemanden spürbar sein. Auch die Transducer sind minimal kleiner als bei den Pro-Modellen, wobei sie sich zu den „normalen“ OpenRun nicht unterschieden. Die Transducer gehen nahtlos in den Ohrbügel über, gefolgt von zwei Verdickungen, die unter anderem den Akku, den magnetischen Ladestecker und die Power- bzw. Lautstärketasten eingelassen sind. Offensichtlichster Unterschied ist der eingangs erwähnte Nackenbügel, der im Umfang rund 2,1 Zentimeter abgenommen hat

Bezüglich der Verarbeitung der Kopfhörer finden sich keine kritikwürdigen Mängel. Es gibt, auch bedingt durch den dünnen Silikonüberzug, keine unerwünschten Spaltmaße, noch dazu sorgt die Beschichtung für eine angenehme und hochwertige Haptik. Die Buttons sind sauber eingelassen und bieten einen angenehmen Druckpunkt. Der umlaufende Titanrahmen sorgt für eine gute Stabilität bei Beibehaltung der Flexibilität, man kann die Kopfhörer ohne Beschädigungen in sich verdrehen. Die Silikonschicht ist aber nicht nur für die angenehme Haptik zuständig, sondern sorgt auch dafür, dass der Kopfhörer nach IP76 staubdicht ist und auch zeitweiliges Untertauchen aushält. Schwimmen wird aber explizit verneint, wobei unter Wasser eher die Bluetooth-Verbindung das Problem darstellen dürfte. Funfact am Rande: Das Pro-Modell ist „nur“ nach IP55 zertifiziert, kommt also offiziell nur mit Staub „in schädigender Menge“ und Strahlwasser zurecht. Im Alltag – auch als Läufer oder Radfahrer – ist beides aber völlig ausreichend.

Die OpenRun Mini setzen auf Bluetooth 5.1, viel zu sagen gibt es da nichts. Nach dem ersten Einschalten schaltet sich der Kopfhörer sofort in den Verbindungsmodus und ist binnen weniger Sekunden mit dem Smartphone gekoppelt. Letzteres gilt auch dann, wenn man die Kopfhörer nach einer Pause wieder einschaltet, alles völlig unproblematisch. Spürbare Latenzen konnte ich auch bei Videos mit Ton nicht feststellen, da gibt es keinerlei Auffälligkeiten zu klassischen Kopfhörern. Bluetooth 5.1 erlaubt darüber hinaus auch eine Kopplung mit zwei Wiedergabegeräten gleichzeitig. Ganz klassisches „Corona-Beispiel“: Hört ihr zuhause Musik via Smartphone und es kommt auf eurem Rechner ein (Video-)Anruf rein, wechselt der Kopfhörer automatisch an den Rechner; genauer gesagt immer zu jener Audioquelle, die sich neu mit einem Signal meldet. Kann ganz praktisch sein, sofern man die Kopfhörer nicht nur unterwegs, sondern auch zuhause oder im Büro nutzen möchte.

Vom Tragekomfort der OpenRun Pro war ich nach anfänglicher Skepsis positiv überrascht. Klar ist das lockere Aufsitzen auf den Wangenknochen zu Beginn etwas ungewohnt, aber bereits nach wenigen Minuten setzt die Gewöhnung ein. Dies ist auch bei den OpenRun Mini nicht anders. Rein optisch fallen die fehlenden 2,1 Zentimeter im Bügelumfang gar nicht so stark auf, beim Tragen ist die Verkürzung aber spürbar. Shokz bietet zur Entscheidungshilfe eine Messanleitung an, nach der ich eher auf das größere Modell zurückgreifen müsste. Solltet ihr euch im Grenzbereich zwischen den Größen befinden, hilft aber nur ausprobieren – denn sowohl die größere als auch die kleinere Version saßen auch beim Laufen sicher und waren in feinster Weise unangenehm. Natürlich spielen Kopfgröße und „Haarmenge“ eine Rolle, aber auch das individuelle Empfinden: persönlich empfinde ich das mit der kleineren Bandgröße einhergehende engere Tragegefühl schlicht angenehmer. Das Tragen mit Brille war ebenfalls unproblematisch, bei Fahrradhelmen kommt es sicherlich auch darauf an, wie weit dieser an der Kopfhinterseite heruntergeht.

Die Bedienung der Kopfhörer ist recht einfach gehalten: An der Unterseite des linken Ohrteil gibt es zwei kleine Taster zum Ein- und Ausschalten bzw. ändern der Lautstärke. Außen am linken Transducer befindet sich eine Multifunktionstaste, die mit einem einfachen Druck die Wiedergabe pausiert oder fortsetzt. Weitere Funktionen: Ein Doppelklick überspringt den aktuellen Song, ein dreimaliges Betätigen springt einen Song zurück. Eingehende Anrufe lassen sich mit einem einfachen Druck annehmen (oder länger Drücken zum Ablehnen) und wer Siri oder den Google Assistant aktivieren möchte, der hält die Multifunktionstaste kurz etwas länger gedrückt. Der Druckpunkt der Tasten ist okay, anfänglich hatte ich beim Laufen aber das Problem, dass der Doppelklick nicht immer als solcher erkannt wurde, was sich aber mit der Zeit legt. Auch an die von mir zunächst kritisch beäugten Lautstärkebuttons unterhalb des rechten Ohrteils gewöhnt man sich mit der Zeit und kann diese ohne Anheben des Ohrteils betätigen.

Für die Akkulaufzeit gibt Shokz eine Laufzeit von rund acht Stunden an, wogegen ich nichts einzuwenden habe. Es ist natürlich wie auch bei klassischen Kopfhörern von der genutzten Lautstärke abhängig, die acht Stunden sind aber eine realistische Einordnung, die ich in meinen Läufen annähernd erreicht habe. Nett ist übrigens die Sprachinfo beim Einschalten des Kopfhörers. Eine LED-Anzeige zur Restkapazität gibt es nicht, wohl aber Schnelladen: In rund 10 Minuten erreicht der OpenRun Mini eine Laufzeit von rund 90 Minuten – praktisch, wenn man einmal vergisst, den Kopfhörer vor dem Lauf aufzuladen. Eine vollständige Ladung der 160 mAh des internen Akkus benötigt ebenfalls etwa 90 Minuten. Die Standby-Zeit liegt bei 10 Tagen, was eher mäßig relevant ist, wenn man die Kopfhörer immer ausschaltet. Schade: 2022 möchte ich eigentlich kein USB-A mehr haben…

Die Soundqualität ist eigentlich das wichtigste Kritierium bei Kopfhörern, da macht es auch bei den OpenRun Mini keine Ausnahme. Wobei, irgendwo schon, man muss es aber etwas differenzierter betrachten. Für Knochenschallkopfhörer klingen die OpenRun Mini wirklich gut. Shokz spricht bei den OpenRun (Mini) von der 8. Generation der Bone-Conduction-Technologie, während bei dem Pro-Modell die 9. Generation mit verbessertem Bass zum Einsatz kommt. So wirklich konnte ich aber keine gravierenden Unterschiede heraushören, höchstens bei wirklich basslastigen Tracks, wobei auch die OpenRun Pro hörbare Schwächen beim Bass haben. Die OpenRun weisen ihre größten Stärken bei den Mitten auf und auch die Höhen werden noch gut abgebildet. Technologiebedingt sind sie hörbarsten Unterschiede bei den Tiefen zu finden: Bass ist zwar vorhanden, aber jeder Billig-In-Ear bietet da mehr Bumms. Der Klang ist am ehesten mit einem alten Echo Dot oder einem guten Smartphone-Speaker zu vergleichen. Ich kann aber für mich sagen, dass ich einen besseren Sound nicht vermisst habe: vor allem wenn man aus dem letzten Loch pfeift, hat man ganz andere Sorgen als fehlenden Bass.

Wer unterwegs Podcast hört oder telefoniert, der bekommt durch die Mitten- und Höhenlastigkeit der OpenRun Mini eine überraschend gute Leistung an die Ohren, denn Stimmen kommen sehr klar und deutlich zur Geltung. Aber auch meine Testsubjekte Gesprächspartner bescheinigten den Kopfhörern und dem verbauten dualen Mikrofon eine gute Sprachqualität, welches Umgebungsgeräusche nicht perfekt, aber für die „andere Seite“ merklich herausfiltert. Ich empfand Telefonate mit dem OpenRun als angenehmer als mit klassischen In-Ear- oder Over-Ear-Kopfhörern, bei denen die eigene Stimme irgendwie merkwürdig gedämpft wird und zumindest mich auch nach duzenden Videocalls noch immer irritierend ist. Was für den ein oder anderen vielleicht noch relevant ist: Knochenschall hin oder her, die Kopfhörer selbst sind offen konstruiert und wenn man die Lautstärke auf Anschlag dreht, dringt „genug“ Sound nach draußen, sodass in der Nähe befindliche Personen unter Umständen mithören können.

Mein Fazit zu den Shokz OpenRun Mini fällt ähnlich aus, wie es bereits zu dem Pro-Modell des größeren Bruders ausgefallen ist: Die Kopfhörer bieten in der Verarbeitung keine Mängel und sind angenehm zu tragen. Beim Sound sollte man natürlich keinen zu konventionellen In-Ears vergleichbaren Sound erwarten, zum jetzigen Stand zieht die Knochenschall-Technik dort den Kürzeren. Der Vergleich hinkt aber, denn die OpenRun-Kopfhörer wollen sich aktuell nicht als Allround-Kopfhörer für den Alltag platzieren, sondern haben eine ganz andere Zielgruppe vor Augen: Nämlich eben jene, die beim Laufen, auf dem Rad oder im Büro nicht auf musikalische Unterhaltung verzichten, ihre Umgebung aber weiterhin wahrnehmen oder sich mit anderen unterhalten wollen. Und dieser Kompromiss ist auch bei dem Mini-Modell gegeben. Klanglich muss man zwischen den OpenRun (Mini) und OpenRun Pro Abstriche beim Bass machen, für mich ist der Preisaufschlag aber nur bedingt zu rechtfertigen, vor allem wenn man sich sportlich betätigt und kein Ohr für feine Nuancen hat. Der abstehende Nackenbügel war mein größter Kritikpunkt am Pro-Modell und da kann die Mini-Version punkten. Meinen Erfahrungen nach würde den Fünfziger aber stecken lassen und eher zu den OpenRun ohne Pro greifen – ob man dann zu der normalen Version oder der kleineren Variante greift, kommt dann auf euren Kopf an.

Dieser Artikel wurde mir vom Hersteller als Testmuster zur Verfügung gestellt. Mehr Infos

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