Ganz so regelmäßig wie ursprünglich gedacht, gewünscht und gehofft klappt es mit der #TheTalkingDEV-Reihe zwar noch nicht, dennoch habe ich heute mal wieder ein meiner Meinung nach lesenswertes Kurz-Interview mit Peter Curry für euch. Peter ist Gründer und Entwickler von und bei Dinosaur Polo Club – einer kleinen Entwickler-Schmiede aus dem beschaulichen Neuseeland, die sich für den Dauerbrenner und Fast-schon-Klassiker Mini Metro verantwortlich zeichnen. In diesem plaudert er ein wenig über seinen Alltag und Erfahrungen als Entwickler, die initiale Idee hinter Mini Metro und weitere Small Talk-Themen.
Wer Mini Metro wider erwarten nicht kennen sollte: Hierbei handelt es sich um ein Puzzle-Strategiespiel für iOS, Android und Desktop-Rechnern. Ihr als Spieler habt die Aufgabe, U-Bahn-Stationen auf einem Stadtplan einzurichten und dafür zu sorgen, dass eure Passagiere schnell und möglichst mit wenig Umsteigen ans gewünschte Ziel gelangen. Optisch minimalistisch, aber liebevoll-passend im Stil des Londoner Underground-Fahrplans gehalten. Die verfügbaren Städte sind allesamt an das Original aus dem „Real Life“ angelehnt – in Paris beispielsweise liegen die Stationen engbeinander, während im japanischen Osaka Schnellzüge unterwegs sind.
Mehr als kurzweiliger Spaß für Couch, Wartezeiten und Co. Solltet ihr euch unbedingt einmal anschauen, falls ihr es noch nicht getan habt – und nun lassen wir einmal Peter zu Wort kommen. Have fun.
Tagtäglich versuche ich hier im Blog empfehlenswerte App-Neuvorstellungen und -Updates zu präsentieren. Dort steht meist die App selbst im Vordergrund, die Entwickler und deren Schweiß und Tränen kommen oftmals zu kurz. Dabei sind es gerade sie, die den Nutzer-Alltag mit durchdachten, praktischen Apps angenehmer gestalten. In der Reihe #TheTalkingDEV möchte ich einmal im Monat vor allem den Indie-Entwicklern ein wenig Lesezeit einzuräumen – für flotten Small Talk rund um den Entwickleralltag, gemachten Erfahrung und ihren Babys.
Hallo Peter! Lass uns doch mal ganz einfach anfangen: Magst du dich zunächst einmal vorstellen? Wer ist Peter Curry? Und wer steckt hinter Dinosaur Polo Club?
Sicher! Ich bin Peter Curry, Vater von zwei Kindern, Ehemann von Mary und Spieleprogrammierer, Spieleautor und Studio-Mitbegründer aus Wellington, Aotearoa in Neuseeland. Ich gehöre zum ursprünglichen Team von vier Personen, die die Mini Metro entwickelt haben.
Seit wie vielen Jahren arbeitest du bereits als Entwickler und gibt es vorherige Projekte, die die Nutzer kennen sollten?
Ich habe direkt nach der Uni, Ende 2001, als Programmierer in einem lokalen Studio (Sidhe Interactive, jetzt PikPok) angefangen. Dort arbeitete ich an verschiedenen Titeln, die aber außerhalb von Australasien weitestgehend unbekannt sind: Rugby League, Rugby League, Rugby League 2, Melbourne Cup Challenge, sowie dem PSP-Titel Gripshift. Meine erste Chance auf eine eigenständige Entwicklung hatte ich im Rahmen der Wandering Monster Studios von 2006 -bis 2008. Von 2008 bis 2013 war ich hauptsächlich für die Entwicklung von Websites und Anwendungen zuständig.
Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?
Der Alltag als kleiner Indie-Entwickler ist vielfältig. Eine Stunde geht fast immer für das Beantworten von Fragen via E-Mail, Twitter und Facebook drauf – meistens von anderen Spielern, aber auch einem großen Anteil an typischem Business-Kram. Im Anschluss beginnt dann die „wirklich“ produktive Arbeit und besteht zum Beispiel aus dem Fixen von Fehlern, der Implementierung eines neuen Mini Metro-Features, dem Erstellen von Marketing-Stuff für ein Update oder auch der Prototypenentwicklung eines neuen Titels.
Dieses Prototyping kann unter anderem ein Brainstorming über die Folgen eines Pitches beinhalten, die Vorbereitung von visuellen Mockups oder auch die Entwicklung einer kleinen Demo einer neuen Spielidee, mit der das Kerndesign getestet werden kann. Heute haben wir zum Beispiel die Ergebnisse eines externen Tests für ein neues Mini Metro-Feature-Update abgearbeitet, Mockups für einen neuen Titel entworfen und eine interaktive Demo für einen weiteren Titel erstellt.
Wie bist du auf die Idee für Mini Metro gekommen?
Die Idee entsprang einer Diskussion zwischen Robert und mir, in der es darum ging, welche Spiele wir gemeinsam entwickeln könnten. Wir sind zwei Programmierer, die nur wenig Zeit haben und künstlerisch nur wenig kreativ sind. Also haben wir entschieden, dass es definitiv etwas mit einem minimalistischen „Kunststil“ sein muss, damit wir auch die Grafiken selbst erstellen und es gut aussehen lassen können. Hier dachten wir dann auch über U-Bahn-Karten nach.
Basierend auf Erfahrungen, die Robert während eines London-Urlaubs bei seinen täglichen Fahrten in der U-Bahn gesammelt hatte, kam ihm die Idee, den Spieler über eine zufällig generierte U-Bahn-Karte navigieren zu lassen. Ich aber war der Meinung, dass es eine bessere Spielerfahrung wäre, wenn der Nutzer diese Matro-Maps selbst bauen müsse und der Computer die U-Bahn steuert und bewegt. Mit dieser Idee haben wir im April 2013 am Ludum Dare Game Jam teilgenommen und bemerkt, dass sie funktioniert. Dieser Ludum Dare hatte das Thema „Minimalismus“, was aber völliger Zufall war.
Wie lange hat es von der Idee bis zur ersten vorzeigbaren Version gedauert?
Gar nicht mal so lange, denn bei dieser Art von Spielen kann sehr zügig eine vorzeigbare Demo entwickeln. Bereits der erste Prototyp konnte die Leute begeistern und trieb sie zu immer neuen Anläufen an, ihren Highscore zu übertreffen. Nach dem Jam haben wir dann sofort angefangen, eine kommerzielle Version mit einem Upgrade-System und verbesserter Optik begonnen, die im September 2013 erstmals das Licht der Öffentlichkeit erblickte. Diese Version wurde im August 2014 final veröffentlicht.
Was waren die größten Probleme im Spieldesign, die ihr während der Enwicklung lösen musstet?
Das Upgrade-System war am schwierigsten zu entwerfen. Wir wollten etwas haben, das das Spiel lebendiger macht und einer kommerziellen Veröffentlichung würdig erschienen ließ – natürlich ohne dabei das minimalistische Design aus den Augen zu verlieren. Es benötigte viele Versuche und Spielversionen, bis wir etwas vorzuweisen hatten, das dem Spieler interessante, sinnvolle Möglichkeiten bot.
Optisch ist Mini Metro bewusst minimalistisch gehalten, der Ton hingegen mit sehr viel bedacht erstellt. Woher diese Liebe zum Detail?
Von uns selbst ist keiner Sounddesigner, trotzdem hat uns die Idee davon, dass der Ton in Mini Metro komplett auf die Ereignisse im Spiel basiert – anstelle klassischer Hintergrundmusik und Soundeffekten. Als wir die erste spielbare Demo fertiggestellt hatten, haben wir uns an Disasterpeace gewandt und ihn gefragt, ob er interessiert sei und zu unserer großen Überraschung war er es.
Wir ließen ihn einfach auf das Spiel los und gaben ihm die Freiheit zu tun, was immer er wollte. Er sah viel Potential darin, Mini Metro zu einem „Instrument“ zu machen und sich regelrecht darin verbissen. Dies ging soweit, dass er sogar den größten Teil des C#-Codes schrieb, der nun die Komposition-Engine antreibt. Es liegt also alles an ihm! Er dachte viel darüber nach, wie Mini Metro musikalisch kommunizieren sollte.
Wie auch andere Indie-Entwickler dürfte auch eher Marketing-Budget nicht sehr groß ausgefallen sein, oder? Welche Strategie hattet ihr euch überlegt?
Wir hatten überhaupt kein eigenes Marketingbudget. Wir wussten, dass wir etwas machen mussten, das optisch auffällt und einem breiten Publikum ein relativ einzigartiges, vergleichbares Erlebnis bietet. Wir folgten dem Beispiel von „Papers, Please!“ und stellten die Versionen während der Entwicklung kostenlos im Internet zur Verfügung (wo sie übrigens noch immer im Browser spielbar sind).
Es gab kein Geld, um noch mehr zu machen und wir wussten auch nicht, wofür wir es hätten ausgeben sollten, selbst wenn wir es gehabt hätten. Wir gaben einfach unser Bestes und vertrauten darauf, dass wenn wir das Erlebnis für den Spieler aufbauen und leicht zugänglich machen könnten, es funktionieren könnte. 2013 war eben noch ganz anders als 2018!
Wie habt ihr den Start des Spiels und den aufkommenden Erfolg damals noch in Erinnerung?
Ich erinnere mich daran, dass ich anfangs erstaunt war. Ich kündigte meinen Vertrag, als wir den Game Jam Prototypen veröffentlicht haben und erinnere mich daran, wie ich zurück ins Büro ging und dort 10-15 Leute Mini Metro spielen sah. Sie spielten es den ganzen Morgen und haben immer und immer wieder versucht, den aktuellen Highscore zu schlagen. Ich habe bereits zuvor Spiele entwickelt, die den Leuten Spaß machten. Aber nie eines, dass ich selbst entworfen habe – es war also eine sehr unbekannte Erfahrung.
Als es dann im Laufe der Steam Greenlight-Kampagne an den Start ging und die E-Mails und Twitter-Nachrichten nur so einflogen, realisierten wir, dass es tatsächlich eine große Sache werden könnte… Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ich erinnere mich, dass es eine sehr ängstliche Zeit war.
Inzwischen ist Mini Metro ein Vollzeitprojekt. Was hat dich dazu überzeugt, alles andere an den Nagel zu hängen und sich ganz auf Mini Metro/Dinosaur Polo Club zu konzentrieren?
Die ursprüngliche Idee hinter der Rückkehr zur Spieleentwicklung war es, ein hauptberuflicher, aber unabhängiger Videospielentwickler zu werden – also habe ich die Chance genutzt. Es zog natürlich einige Nebenwirkungen mit sich, die ich nicht erwartet habe, es aber hätte tun sollen. Ich war zu dieser Zeit Hausmann und das Ergebnis der Vollzeitbeschäftigung war, die Erziehung der Kinder auf meine Frau Mary abzugeben. Robert und ich gingen auf die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten ein,
Es hatte eine Reihe von Flow-On-Effekten, die ich nicht erwartet hatte, aber eigentlich haben sollte. Ich war zu dieser Zeit ein Heimvater, und das Nettoergebnis des Vollzeitbeschäftigung war, die Erziehungsverantwortung auf Mary, meine Frau, zu übertragen. Robert und ich sprachen bereits in einem Gamasutra Post-Mortem auf die Schwierigkeiten, die sich aus der Vollzeitbeschäftigung ergaben, ein.
Wieso sollte ich Mini Metro unbedingt gespielt haben?
Auch wenn du es niemals bemerkt haben solltest, wolltest du schon immer mal die Erfahrung machen, deinen eigenen interaktiven U-Bahn-Plan zu erstellen.
Ihr habt euch zunächst für eine Veröffentlichung auf Desktop-Rechnern via Steam entschieden, die mobilen Portierungen folgten erst ein Jahr später. Woraus resultierte diese Entscheidung und würdet ihr es heutzutage anders machen?
Diese Entscheidung war rein finanzieller Natur. Im April 2014 war mir klar, dass ich ohne eine kommerzielle Veröffentlichung nicht mehr als drei Monate selbstständig arbeiten konnte – und wir wussten, dass wir in dieser Zeit das Spiel nicht vollständig fertigstellen können. Der Steam Early Access war für uns die beste Option, um ein ausgefeiltes, aber noch unvollständiges Spiel zu veröffentlichen. Einige Entwickler haben das zwar auch mit ihren Spielen im App Store ausprobiert, für dieses Modell ist die Plattform aber nicht geeignet (und ich würde sagen, sie ist es auch heute noch nicht).
Im Nachhinein war es ein riskanter Zug! Glücklicherweise wurde Mini Metro bei Veröffentlichung im Early Access gut aufgenommen, sodass die weitere Entwicklung bis zum Erscheinen der mobilen Version finanziert werden konnte.
Wieviele Downloads könnt ihr über alle Systeme hinweg verzeichnen?
Es sind etwa eineinhalb Millionen.
Aktuell müssen sieben Leute von Mini Metro leben können. Bisherige Updates waren immer kostenlos, es gibt keine In-App-Käufe und ihr setzt auf den klassischen Einmalkauf, anstelle eines Abos…
Ja. Um ehrlich zu sein, ist der Hauptgrund, weshalb es sich um ein Premium-Spiel ohne In-App-Käufe handelt, der, dass wir schlicht nicht über das Know-How verfügen, etwas anderes zu tun. Wir haben vor allem vor der Veröffentlichung der mobilen Version darüber diskutiert, ob wir bei einem Premium-Spiel bleiben oder es in ein Free-to-Play-Spiel umwandeln sollen. Letztlich sind wir aber doch bei Premium geblieben, weil wir zu wenig über Free-to-Play wussten.
Mini Metro hält sich, zumindest unter iOS, seit Monaten bis Jahren in den oberen Chartsbereichen fest. Wird es nicht mal langsam Zeit für einen Nachfolger?
Ja!
In der Zwischenzeit habt ihr sicherlich einiges über Free-2-Play gelernt. Wird Mini Metro 2 also ein solcher Titel werden?
Wenn überhaupt sind wir uns der hohen Lernkurve bewusster geworden. Diese „Konfrontation“ müssten wir erst noch anpacken, bevor wir in gutes F2P-Spiel anbieten können. Das aber bedeutet natürlich auch nicht, dass wir es kategorisch ausschließen würden.
Worauf können sich Fans von Mini Metro in neher Zukunft freuen?
Wir arbeiten aktuell an einem Modus, der den Spielern mehr kreative Freiheit beim Erstellern ihrer Karten gibt. Es wird kein vollwertiger Mapeditor, aber wir glauben, dass die Leute damit ein paar interessante und spannende Sachen machen werden.
Dein persönlicher Mini Metro-Highscore?
Hah, ich habe ein paar Mal 1.200 Punkte erreicht. Ich bin kein sehr guter Mini Metro-Spieler.
Welche drei Games hast du zuletzt gezockt? Mini Metro natürlich ausgenommen…
Ich spiele mich aktuell durch Breath of the Wild (ich bin hier etwas spät dran). Im letzten Monat habe ich angefangen, mit meinen Kindern Pokémon GO zu spielen und mache dies nun immer noch jeden Tag. Alphabear 2 ist ein weiteres iPhone-Game.
Ich spiele durch „Zelda: Breath of the Wild“ (etwas spät zur Party auf dieser Seite). Ich habe letzten Monat angefangen, mit meinen Kindern Pokémon GO zu spielen, und das kommt immer noch jeden Tag heraus. Alphabear 2 ist im Moment mein anderes iPhone-Spiel.
Welchen Rat würdest du jungen Entwicklern geben, die eine Spielidee haben?
Ideen sind nichts wert, wenn man sie nicht spielen kann. Man kann einige Gedankenspiele darüber durchlaufen, wie sich eine Idee entwickeln könnte – aber es gibt keine Alternative zu einem spielbaren Prototypen. Also setzt euch auf euren Hosenboden, fangt an zu entwickeln und schaut, wie es sich anfühlt, das Spiel zu spielen. Sucht nach möglichen Schwachstellen und sucht nach Dingen, die den Spieler fesseln könnten. Und wundert euch nicht, wenn das Erlebnis ganz anders verläuft, als ihr es euch vorgestellt habt!
Abschließend möchte ich mich natürlich noch bei Mark für das kleine Frage-Antwort-Spielchen bedanken. Solltet ihr noch weitere Fragen an Mark haben, schreibt sie einfach in die Kommentare, ich leite sie dann weiter.
Schreibe den ersten Kommentar