Wer hier regelmäßig mitliest, der wird bereits erfahren habe, dass ich eine neue favorisierte App für meine To-Do-Listen verwende: Vormals habe ich gerne auf Wunderlist gesetzt, danach kurzzeitig auf ToDoIst – und inzwischen setze ich auf Reminder von Mark DiFranco. Im Grunde keine eigenständige ToDo-Lösung, vielmehr ein Aufsatz für die iCloud Erinnerungen. Diese sind nicht sonderlich mächtig, für mich aber mit allen wichtigen Funktionen ausgestattet, lediglich die Apple-eigene Erinnerungen.app fühlt sich absolut nicht „okay“ an.
Reminder fürs iPhone und iPad hingegen presst die Reminders-Funktionalitäten von Apple nun in eine schicke, schlichte Oberfläche, die an Apples Home.app erinnert. Nun hatte ich im Rahmen meiner #TheTalkingDEV-Reihe die Möglichkeit, mich einmal mit Entwickler und Freelancer Mark DiFranco zu unterhalten und unter anderem zu erfahren, wieso er die sich für die Entwicklung von Reminder entschieden hat, was er noch so plant, wie sein Alltag aussieht und welche Tipps er angehenden Entwicklern mit auf den Weg geben würde.
Tagtäglich versuche ich hier im Blog empfehlenswerte App-Neuvorstellungen und -Updates zu präsentieren. Dort steht meist die App selbst im Vordergrund, die Entwickler und deren Schweiß und Tränen kommen oftmals zu kurz. Dabei sind es gerade sie, die den Nutzer-Alltag mit durchdachten, praktischen Apps angenehmer gestalten. In der Reihe #TheTalkingDEV möchte ich einmal im Monat vor allem den Indie-Entwicklern ein wenig Lesezeit einzuräumen – für flotten Small Talk rund um den Entwickleralltag, gemachten Erfahrung und ihren Babys.
Hallo Mark! Beginnen wir ganz einfach, denn vielleicht sind einige Leser bereits auf Reminder aufmerksam geworden, kennen aber den Entwickler nicht. Also, kurz gesagt: Wer bist du und was begeistert dich an der App-Entwicklung?
Ich bin freiberuflicher iOS-Ingenieur und habe Mechatronik an der University of Waterloo studiert. Ich arbeite an Reminder, wenn ich zwischen meinen Auftragsarbeiten Zeit finde. In meiner Freizeit spiele ich Musik (ich singe und spiele Gitarre, Bass und Schlagzeug), ich klettere, mache Sport (Tennis, Baseball, Volleyball, ultimatives Frisbee, Golf, Curling, Crokinole, Snowboarding und Billard), gehe laufen und spiele Brettspiele mit Freunden. Ich finde Software so faszinierend, weil man auf eigentlich simple Art und Weise etwas erschaffen kann, was das Leben einiger Menschen verbessern kann. Das Gefühl, etwas zu erschaffen, das jemandem hilft, ist für mich sehr motivierend.
Reminder ist nicht deine erste App im App Store, du hast auch noch einige andere Apps entwickelt. Gibt es weitere erwähnenswerte Projekte?
Ich habe noch acht weitere Apps im App Store, von denen einige wirklich cool sind. Velocimeter ist eine Tacho-App, die während der Fahrt automatisch Statistiken aufzeichnet. Tock ist eine Uhr-App, die die Uhrzeit mittels geometrischer Formen anzeigt. Stack ist ein Kartenspiel, mit der sich dank WiFi oder Bluetooth auch gegen Freunde in der Nähe spielen kann. Die meisten der Apps sind kostenlos, also ruhig mal anschauen!
Du entwickelst in erster Linie für Apples mobile Plattform, hast aber bereits erste Schritte mit Android getan. Warum priorisierst du iOS?
Ich finde iOS aus der UX-Perspektive deutlich intuitiver als Android. Von den standardisierten UI-Paradigmen bis hin zu den SDKs zeigt sich Apples Liebe zum Detail, dass die Arbeit mit der Plattform zu einer großen Freude macht. Durch die SDKs kann ich wesentlich mehr Zeit in die direkte Entwicklung meiner Apps investieren. Außerdem ist die Zahlungsbereitschaft von iOS-Nutzern etwas höher als jene von Android-Nutzern, was für die App-Entwicklung förderlich ist.
Falls du etwas dazu sagen möchtest: Gibt es grobe Statistiken darüber, wie viele Nutzer die App heruntergeladen und gelöscht haben oder sie aktiv nutzen?
Die App wurde seit der ersten Veröffentlichung über 3.000 Mal heruntergeladen und es gibt seitdem etwa 100 Nutzer, die die App täglich aktiv nutzen.
Wie ist dein gewohnter Tagesablauf und wie viel Zeit verbringst du mit der Entwicklung von Reminder oder anderen eigenen Anwendungen?
Mein Alltag hat nicht wirklich eine Routine. Sofern ich einen akuten Auftrag habe, nutze ich die meiste Zeit des Tages dazu, diesen zu erfüllen (normalerweise von 9 – 17 Uhr). Ich habe ein eingerichtetes Home Office, die Pendelei entfällt also. Es macht mir auch nichts aus, allein zu arbeiten, da ich mich so besser auf komplexe Aufgaben konzentrieren kann. An den Abenden und Wochenenden treibe ich dann Sport, besuche Veranstaltungen in der Stadt, arbeite an Blogsposts oder Präsentationen für Vorträge oder nutze die Zeit, um die Entwicklung von Reminder voranzutreiben. Momentan entfallen auf Reminder etwa 8 Wochenstunden.
Apple bietet bekanntlich eine offizielle App für die iCloud Erinnerungen an. Wem diese nicht ausreichen sollte, der kann zwischen zahlreichen Alternativen wählen, zum Beispiel umfangreiche Tools wie Wunderlist (jetzt Microsoft To-Do) ToDoIst, 2Do und Co. Wieso hast du dich dazu entschlossen, ein „einfaches Remake“ zu entwickeln, anstelle einer eigenständigen Lösung?
Einen Großteil meines Antriebs machte die EventKit API von iOS aus, mit der Entwickler Zugriff auf Kalender und Erinnerungen des Benutzers erhalten können. Als ich mir die API tiefergehend angeschaut habe, wurde mir klar, dass man 95% von dem, was die Erinnerungen.app von Apple kann, ebenfalls machen kann. Die meisten komplexeren Aufgaben erledigt dabei die EventKit API. Apples Erinnerungen-App ließ mich immer ein paar Dinge vermissen, allerdings hatte ich zunächst keine Ideen für die Oberfläche. Dies änderte sich jedoch, als ich eines Tages die Home.app genutzt habe. Die modernere UI und das Kachel-Interface gefielen mir so gut, dass ich diese als Inspiration für Reminders genutzt habe.
Viele Entwickler nutzen leistungsfähigere Tools wie zum Beispiel das oben erwähnte ToDoIst. Wie sieht es denn bei dir aus? Nutzt du deine Reminders-App produktiv oder auf welche Tools setzt du?
Ich selbst nutze Reminders nur, um meine (privaten) Erinnerungen zu verwalten. Die App ist schlicht und daher perfekt für Erinnerungen aus dem Alltag. Um den Überblick über Releases/Features/Bugs der App zu behalten, greife ich auf mein privates GitHub Repository zurück. Für mich die perfekte Lösung, um Code-Änderungen mit geplanten Features zu verknüpfen.
Der Umfang deiner Reminders-App ist durch Apple begrenzt. Du hast nur wenig Spielraum was komplett neue Funktionen betrifft. Gibt es denn bereits Ideen, an denen du bereits arbeitest?
Kurzfristig plane ich, Reminders auf die verbliebenden Apple-Plattformen zu bringen, also iMessage, Apple Watch und macOS. Aktuell arbeite ich an der Möglichkeit, Listen mit einem Alarm zu versehen. Dies kann zum Beispiel für Einkaufslisten praktisch sein, die sich bemerkbar machen, wenn du an einem Geschäft ankommst. Bisher konnte man lediglich einzelne Einträge mit einer standortbasierter Erinnerung versehen, was umständlich ist. Darüber hinaus habe ich einen anderen interessanten Alarm-Typ geplant, der so in keiner anderen App zu finden ist. Aber das ist momentan noch mein Geheimnis.
Wie sieht es mit der Apple Watch aus?
Bald…
Auch auf dem Mac wäre eine modernere Oberfläche für die iCloud Erinnerungen als Alternative zur Reminders.app wünschenswert…
Bezüglich einer macOS-App werde ich noch warten, bis Apple macOS Mojave veröffentlicht hat. Dieses wird eine bessere und einfachere Portierung von iOS-Apps auf den Mac ermöglichen.
Jedes System hat seine eigenen Eigenheiten, natürlich auch iOS und macOS. Apple hat auf der WWDC 2018 ein neues Framework angekündigt, um die Portierung von iOS-Anwendungen auf den Mac zu vereinfachen. Ein großer Punkt?
Ich denke, dass es ein großer Schritt nach vorne ist, um dem Mac App Store neues Leben einzuhauchen. Die aktuellen APIs von macOS sind ein wenig angestaubt, die UIKit-Implementierung wird die Dinge hoffentlich einfacher machen.
Abgesehen vom neuen UIKit: Was steht aus Entwicklersicht auf deiner Wunschliste an Apple? Was könnte oder sollte Apple im Hinblick auf den Entwickler-Support verbessern?
Als Entwickler würde ich mich freuen, wenn Apple die verfügbaren App-Extensions (zum Beispiel Today Widgets, Share Sehet-Erweiterungen, iMessage-Apps) weiter ausbaut. Sie ermöglichen Entwicklern eine bessere Integration in die Plattform und verbessern somit auch das Nutzererlebnis.
Und im Gegensatz dazu: Welche Annehmlichkeiten von Apple oder der Plattformen überzeugten sich am meisten?
Ich würde sagen, dass Swift einen der Hauptgründe darstellt, wieso ich Apples Plattformen mag. Mit Swift hat Apple eine gute Balance zwischen „leicht und kraftvoll“ gefunden. Außerdem lassen sich dank des Optionals-Mechanismus fast alle Fehler in einer App beseitigen.
Wenn du drei Apps nennen müssten, die du zuallererst auf deinem Smartphone installierst – welche wären das?
* Apple Store App → Nützlich für die Vorbestellung von Apple Produkten. Das In-Store-Scanning ist fantastisch.
* Deliveries → Eine tolle App zur Sendungsverfolgung, dessen UI super zu iOS passt.
* Pixelmator → Eine superstarke Fotobearbeitung, mit der ich auch die Symbole von Reminders erstellt habe.
Ein kleines Gedankenspiel über den Tellerrand: Wenn du eine offizielle iOS-App eines beliebigen Dienstes (außer der Erinnerungen.app) nach deinen Wünschen neu gestalten dürftest. Welche App würdest du wählen und wieso?
Da muss ich die Mail.app von Apple nennen. Die Standard-App lässt ein wenig zu wünschen übrig. Allerdings habe ich bislang auch keine Mail-App von Drittentwicklern gefunden, die meine letzte Lieblings-App Mailbox (by Dropbox) ersetzen konnte. Ich möchte etwas schlankes, schnelles, schickes und mit Fokus auf Datenschutz.
Welche Ratschläge würdest du einem aufstrebenden Entwickler geben, der seine erste eigene App entwickeln möchte?
Das Entwickeln einer App kann entmutigend wirken, es ist aber nicht mehr so schlimm, wenn man die App in kleinere Puzzleteile zerteilen kann. Versucht euch zuerst an kleineren Dingen und ihr werdet etwas vorweisen können, was es wert ist, geteilt zu werden. Auf jeden Fall sollte man sich die iOS Human Interface Guidelines durchlesen, bei Problemen hilft die Plattform StackOverflow weiter. Eine weitere gute Quelle für Tutorials ist RayWenderlich.
Du hast erwähnt, dass die Zahlungsbereitschaft von iOS-Nutzern im Vergleich zu Android-Nutzern höher ausfällt und die Entwicklung dadurch besser gefördert wird. Das stimmt natürlich. Aber was würdest du neuen Entwicklern mit auf den Weg geben, die denken, dass sich mit Apps schnell und einfach viel Geld generieren lässt?
Heutzutage gibt es viele Apps im App Store und es ist schwer, sich aus der Masse abzuheben. Die Zeiten des schnellen Geldes sind definitiv vorbei. Heute muss man viel Zeit und Mühe (und Glück) investieren, wenn man seine Chance auf Erfolg erhöhen möchte. Aber mit Geduld und Ausdauer ist es durchaus möglich, mit seinen Apps Geld zu verdienen.
Abschließend möchte ich mich natürlich noch bei Mark für das kleine Frage-Antwort-Spielchen bedanken. Solltet ihr noch weitere Fragen an Mark haben, schreibt sie einfach in die Kommentare, ich leite sie dann weiter.
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