Entwickler-Interview mit Kevin Reutter (Planny)

Marcel Am 10.03.2018 veröffentlicht Lesezeit etwa 8:16 Minuten

Tagtäglich versuche ich hier im Blog neue Apps und Updates zu präsentieren. Zumeist stehen die Apps im Vordergrund, die Entwickler kommen oftmals zu kurz. Dabei sind es gerade deren Schweiß und Tränen, die den Alltag für viele Nutzer mit durchdachten, praktischen Apps angenehmer gestalten. In der Reihe „The Talking DEV“ möchte ich ab sofor einmal Monat für Monat versuchen, vor allem den Indie-Entwicklern ein wenig Lesezeit einzuräumen – für flotten Small Talk rund um den Entwickleralltag, gemachten Erfahrung und ihren Babys. Den Anfang macht Kevin Reutter, der vor einigen Wochen mit Planny seine Interpretation einer To-Do-App für iOS & macOS in den App Store gebracht hat.

Planny wählt einen etwas anderen Ansatz als gängige Aufgabenverwaltungen und greift auf einen intelligenten Assistenten zurück, der euch an jedem Morgen eine Auswahl an Aufgaben anbietet. Auf diese Weise soll sich ein Tagesplan ergeben, der Ansporn genug ist, ohne zu überfordern. Vor allem optisch macht Planny auf allen Plattformen etwas her, nicht zuletzt weil sich Kevin stark am Look von iOS 11 und den offiziellen Apple-Apps orientiert hat. Aber lange Rede, kurzer Sinn: Wer mehr über Planny erfahren möchte schaut sich den dazugehörigen Artikel im Blog an – wer mehr über Kevin und seine Erfahrungen und Gedanken rund um die App-Entwicklung erfahren möchte, liest hier weiter.

Aufmerksame Leser des Blogs dürften deine App Planny bereits kennen, aber nicht den Entwickler dahinter. Daher kurz und schmerzlos: Wer ist Kevin Reutter?

Das bin ich. Ein 23 Jahre alter Informatik-Student aus Norddeutschland und seit ca. 8 Jahren im Apple-Universum beheimatet.

Planny ist ja nun deine erste App im App Store. Hast du zuvor bereits Anwendungen entwickelt und diese sogar eventuell veröffentlicht?

Ich habe lange Zeit lang an einer webbasierten Projektmanagement-Software gearbeitet. Ursprünglich habe ich diese im Rahmen einer Abitur-Zusatzleistung entwickelt, jedoch sah ich darin viel Potential und habe mich dann noch einige Zeit länger damit befasst. Kurz danach entwickelte ich dann Facebook Chatbots und auch ein Tool zum Erstellen dieser, welches jedoch nicht veröffentlicht wurde. Irgendwann hat mich nämlich der Gedanke gereizt, mal für iOS zu entwickeln. Da musste dann aber eine neue Idee her …

Gefühlt ist der Markt an To-Do-Listen völlig übersättigt. Warum hast du dich dennoch für die Entwicklung einer weiteren App entschieden?

Ich habe während des Erlernens der iOS-Entwicklung natürlich überlegt, welche App man als erstes Projekt umsetzen könnte. Viele Tutorials empfehlen immer eine „einfachen“ ToDo-App – das war mir jedoch zu blöd, da ich nichts machen wollte, was es schon haufenweise gibt.

Mit der Zeit sah ich jedoch im Studium wie Leute ihre Aufgaben nicht erledigt kriegen und habe mich gefragt, woran das liegen könnte. Es ist der fehlende Fokus. Jeder legt sich x Listen mit Aufgaben an, vergisst diese dann jedoch.

Ich dachte mir, wie es wäre, wenn es jemanden gäbe, der einem täglich Aufgaben vorschlägt, einen daran erinnert, wenn man längere Zeit nichts erledigt und der einen belohnt, wenn man an einem Tag fleißig war. Ich machte aus diesem Jemand ein Etwas – Planny war geboren.

Welche Produktivität-Tools und -Dienste nutzt du persönlich neben Planny?

Ich war jahrelang Nutzer von den Stock-Apps von iOS und setze eigentlich nur auf diese Apps. Dennoch muss ich sagen, dass ich bereit bin, mir andere Dienste und Tools zuzulegen, sofern sie einen Mehrwert für mich bieten. So benutze seit kurzem die App „Bear“, da das Interface einfach deutlich intuitiver und vor allem moderner erscheint, als die native Notizen-App. Generell hat man bei vielen Apple-Apps den Eindruck, dass diese optisch etwas angestaubt sind.

Neben dem Studium dürfte nur begrenzt Zeit für freiberufliche Projekte zur Verfügung stehen. Wie sieht dein üblicher Tagesablauf aus und wie viel Zeit steckst du in die Entwicklung von Planny?

Obwohl ich Vollzeit-Student bin, würde ich eher sagen, dass ich neben meinen freiberuflichen Projekten noch nebenbei studiere und das trotz guter Noten. Dies liegt aber auch daran, dass mir zum Einen der Stoff dank eines sehr guten Informatik-Unterrichts und dem eigenen Interesse bereits vorweg bekannt war und zum Anderen ich großen Spaß am Studium habe und nicht sehr viel Aufarbeiten oder Lernen muss, da ich vieles direkt verstehe. Klar, es gibt auch Ausnahmen Gerade vor den Prüfungsphasen bereite ich mich sehr intensiv vor und das Privatleben muss zurückstecken.

Generell habe ich das Glück, mit meiner Arbeit auch ein Hobby zu vereinen, sodass es für mich gar keine richtige Arbeit ist. Ich freue mich, täglich weiterarbeiten zu können und Dinge verbessern zu können. Dennoch muss man aufpassen, nicht in der Arbeit zu versinken und sich auch mal vor die Haustür begeben Da helfen nette Ausflüge mit Freunden und Bekannten oder auch mal ein Abstecher in eine Karaoke Bar am Wochenende.

Planny ist nun schon einige Monate im App Store vertreten. Blicken wir doch einmal zurück: Wie stressig war der offizielle Start-Tag aus Entwicklersicht?

Der erste Tag war ehrlich gesagt ziemlich entspannt. Ich habe mir zwar eine Frist gesetzt (den Release-Day von iOS 11), allerdings wusste ich, dass ich diese nicht auf den Tag genau einhalten könnte und habe mich dann entschieden, noch zwei Wochen verstreichen zu lassen. Stressig war es dann am Ende nur, weil meine App drei Male abgelehnt wurde. Dies hatte allerdings nur mit der Darstellung meiner In-App-Käufe zu tun.

Planny macht auf iOS und macOS einen einen sehr schicken Eindruck, für „reine“ Entwickler fast schon untypisch. Woher stammt deine Liebe für UI-Design und wie lange hast du dir über das Design den Kopf zerbrochen?

Ich selbst bin Student der Informatik mit Schwerpunkt Mensch-Computer-Interaktion, also unter anderem Benutzeroberflächengestaltung. Die meiste Zeit der Entwicklung befasste ich mich tatsächlich mit der Benutzeroberfläche. Diese wurde im Laufe der Entwicklung immer wieder verändert. So kam es vor, dass die App während der Entwicklung jede Woche komplett anders aussah.

Schlimm war es vor allem dann, wenn ich eine neue Idee hatte. Bei der Umsetzung merkte ich dann meist, dass sich einige Dinge dann doch nicht so gut bedienen lassen wie vorher oder irgendwie seltsam waren und bin dann wieder da gelandet, wo ich angefangen hatte. Dadurch ging viel Zeit verloren.

Jedes System hat so seine Eigenheiten, natürlich auch iOS und macOS. Gab es für dich nennenswerte Stolpersteine und Dinge, die Apple mit Blick auf den Support für Entwickler verbessern könnte oder müsste?

Ich würde mich sehr freuen, wenn iOS Apps (wie es aktuell in den Gerüchten steht) bald mit „ein wenig“ Anpassung auch auf dem Mac laufen würden, da bisher wirklich zwei komplett separate Apps entwickelt werden. Zwar arbeiten beide mit dem gleichen Grundgerüst (Sync, Datenmodell etc.) aber die gesamte Benutzeroberfläche muss separat entwickelt werden. Hier habe ich einfach doppelten Entwicklungsaufwand.

Und einmal dazu im Gegensatz: Gab es irgendwelche Annehmlichkeiten bei Apple, was dich wirklich positiv überrascht haben?

Generell war es sehr leicht, die iOS-Entwicklung zu lernen und auch, sich in die Entwicklungsumgebung Xcode und iTunes Connect (das Entwicklerportal) einzuarbeiten.

Ich habe das Preismodell von Planny als etwas wirr bezeichnet. Die Grundversion ist kostenlos, einzelne Features lassen sich per In-App-Kauf freischalten. Den iCloud Sync gibt es aber nur in einem Abonnement. Wieso hast du dich für diese Aufteilung entschieden?

Grundlegend ist es so, dass Apps vermehrt (mal mehr und mal weniger berechtigt) auf ein Abo-Modell setzen. Ich wusste jedoch, dass viele dieses generell ablehnen würden und habe daher die Idee gehabt auch einzelne Käufe ohne Abo anzubieten.

Jetzt zum März hat sich das Preismodell jedoch stark verändert. Viele Nutzer waren von der Vielzahl der Käufe verwirrt und dachten, man müsste sowohl In-App-Käufe tätigen, als auch ein Abo kaufen. 95% der Nutzer haben sich sowieso für ein Abo entschieden.

Aktuell setze ich auf ein Abo-only-Modell. Hier gibt es die Optionen ein wöchentliches Probeabo abzuschließen und anschließend 1,49€ monatlich zu zahlen, oder direkt 9,99€ hinzulegen und ein Jahr von iTunes Rechnungen verschont zu bleiben (und 45% zu sparen!) Dies hatte den Vorteil, dass ich auch kostenfreie Proben aller Features anbieten kann, sowie den großen Vorteil, dass ich Preise PRO LAND festlegen kann, was bei In-App-Käufen nicht geht.

Diese Vorteile werde ich jedoch demnächst aufgeben. Ich werde auf einen einmaligen In-App-Kauf setzen, der für 9,99 zu haben ist und alle Features freischaltet, da viele Leute bei Abos ins Zögern geraten und dieses mit Abzocke assoziieren. Bisherige Planny Pro Jahresabonnenten erhalten die Vollversion als gratis Upgrade.

Kannst du ein paar Zahlen nennen? Wie viel Prozent der Nutzer haben sich für eines der Zusatzfeatures oder gar ein Abonnement entschieden haben?

Dies lässt sich leider schwer sagen, da es sehr unterschiedlich ist. In reichen Ländern ist die Kaufbereitschaft deutlich höher als in ärmeren Ländern. Hinzu kommt, dass viele Leute die App laden, wenn sie von Apple promoted wird, aber nicht zahlen, weil sie nicht der Zielgruppe entsprechen. Hingegen ist bei Suchanfragen die Zahlungsbereitschaft deutlich höher. Ein durchschnittlicher Wert lässt sich also nicht wirklich nennen.

Zuletzt gab es bereits ein kleineres Feature-Update, du bist also fleissig dabei. Kannst du ein paar Dinge auf deiner To-Do-Liste nennen und wohin die Zukunft für Planny gehen soll?

In der aktuellen Phase ging und geht es weiterhin darum, fehlende Funktionen nachzureichen. Beispielsweise werden derzeit noch keine Fotos als Anhänge unterstützt. Danach soll ein großes Kollaborations-Update folgen. Gemeint ist hier, dass man Projekte und Kategorien mit anderen Personen teilt und gemeinsam abarbeitet. Dies ist definitiv noch für dieses Jahr geplant.

Dann ist es an der Zeit, die App noch intelligenter zu machen und weiter von der Konkurrenz abzuheben. Gedacht war ja von Anfang an, dass die App ein richtiger Assistent wird, der einem den Alltag in Sachen Aufgabenplanung und Management erleichtert. Die Kunden sind sehr zufrieden, aber ich kann nur sagen: es sind erst die ersten Schritte gemacht. Viel Ideen sind definitiv noch da und bereits in der Umsetzung, über die ich natürlich noch nicht reden kann

Bisher ist Planny komplett im Apple-Ökosystem verzahnt. Hast du Ambitionen oder Pläne, deine To-Do-App auch auf Android-Geräte oder ins Web zu bringen oder gar andere Cloud-Dienste zu unterstützen?

Meine Zielgruppe ist bisher das Apple-Universum, allerdings gibt es bei den Apple-Nutzer auch viele, die auf der Arbeit beispielsweise einen Windows-PC nutzen (müssen). Als Lösung ist hier eine Web-App denkbar und definitiv auch möglich. Ein Zeitpunkt ist jedoch nicht absehbar.

Blicken wir einmal ein paar Jahre in die Zukunft: Hast du weitere Apps im Kopf, die du noch umsetzen möchtest? Welchen Weg wünscht du dir für den Entwickler Kevin Reutter?

Ich selbst sage immer, dass man sich auf wenig Dinge konzentrieren sollte, aber diese richtig gut machen soll. Dennoch habe ich aktuell die Idee für eine weitere App, da diese wirklich ein sehr innovatives Alleinstellungsmerkmal bietet, das man so noch nicht kennt. Was genau es ist, wird nicht verraten. :P Tatsächlich wäre es schön, eines Tages von der Arbeit „richtig gut“ leben zu können. Aber dafür braucht man viel Glück.

Ein kleines Gedankenspiel weit über den Tellerrand: Angenommen, du dürftest eine offizielle iOS- oder Mac-App eines Dienstes nehmen und diese nach belieben umbauen. Welche App würde es treffen?

Es wäre definitiv die Musik-App [von Apple, Anmerkung des Verfassers]. Man merkt einfach überall, dass man krampfhaft versucht hat, alle Features irgendwo unterzubringen. Wirklich schön ist sie leider auch nicht mehr. Man sollte sich hier ein komplett neues Konzept überlegen.

Gibt es Tipps und Ratschläge aus deinen persönlichen Erfahrungen resultierend, die du angehenden App-Entwicklern mit auf dem Weg geben würdest?

Man ist nie zu jung oder zu alt um mit dem Entwickeln anzufangen. Ich kann jedem, der in die App-Entwicklung einsteigen will, das iBook von Apple „Einführung in die App Entwicklung mit Swift“ [iTunes-Link, Anmerkung des Verfassers] empfehlen.

Zum Abschluss möchte ich mich nochmals bei Kevin bedanken, der sich als erster „The Talking DEV“-Gesprächspartner zur Verfügung gestellt hat. Solltet ihr noch weitere Fragen an Kevin haben, schreibt sie einfach in die Kommentare und ich weise Kevin auf sie hin.

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