Teufel Real Blue TWS 2 im Test: Starker Klang, lange Akkulaufzeit und solides ANC – aber leider wenig teuflisch

Marcel Am 11.12.2022 veröffentlicht Lesezeit etwa 8:03 Minuten

Die Berliner Soundschmiede Teufel ist erst relativ spät in den Markt der wirklich kabellosen In-Ear-Kopfhörern eingestiegen, mit den Teufel AIRY True Wireless gelang erst 2020 der Marktstart. Anschließend folgten noch die AIRY Sports, bevor man Ende 2021 mit den Real Blue TWS einen neuen Versuch gewagt hat und hierbei auf die beliebte und mit Vorschusslorbeeren ausgestattete Real-Blue-Marke zurückgegriffen hat. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft 2022 hat Teufel mit den Real Blue TWS2 eine neue Generation ins Rennen geschickt. Auf der Habenseite steht ein digitales, hybrides Active Noice Cancelling (ANC), Linear-HD-Töner mit großen 12-mm-Membranen für den typischen Teufel-Sound, eine Touch-Bedienung an den Ohrsteckern, eine Gesamtspieldauer mit Case von über 18 Stunden mit hinzugeschaltetem ANC und eine IPX3-Zertifizierung. Auch die weiteren technischen Daten können auf den ersten Blick überzeugen. Für gewöhnlich ist Papier aber geduldig und so habe ich mir die Real Blue TWS2 einmal selber angesehen und angehört. Wo liegen die Stärken und Schwächen der True-Wireless-Kopfhörer?


Beim Design der Real Blue TWS2 kann Teufel wie auch bei den Vorgängern nicht viele Punkte sammeln. Dies liegt wohl in erster Linie am kontroversesten Thema, welches auch bei den Vorgängern für viele Diskussionen gesorgt hat. Denn während Teufel bei den Lautsprechern und großen Kopfhörern eine ganz eigene, markante Designsprache entwickelt hat, greift man bei den Real Blue TWS und dem Nachfolger auf auf ein fertiges China-Template zurück, welches früher oder später sicherlich auch bei anderen Herstellern auftauchen wird. Zwar versucht man hierbei das technische Innenleben mit seinen eigenen hohen Ansprüchen zu vereinbaren und schafft es auch, die Hardware zu optimieren. Leider geht damit aber auch der Wiedererkennungswert „Teufel“ verloren, denn optisch sind sowohl die Kopfhörer als auch das Case relativ generisch – außer dem eingelassenen Teufel-Schriftzug beziehungsweise dem Teufel-T auf den Kopfhörern.

Die Ladebox aus mattem Kunststoff misst etwa 65 x 40 x 29 Millimeter würde ich als funktionell bezeichnen. Das Öffnen des Case ist der erste Kontakt mit dem neu gewonnenen Nutzer und der Deckel fühlt sich vor allem beim Aufklappen nicht hochwertig an. Es gibt zwei kleine Widerstände und man hat das Gefühl das ein wenig Druck aus einem Teil zwei macht – da wirkt zum Beispiel die Ladebox der AirPods deutlich (gerne fettgedruckt und mit Ausrufezeichen lesen) geschmeidiger und stabiler. An der Front der Box sind drei kleine LED eingelassen, die den Bluetooth-Status und den Ladezustand des Akkus anzeigen. Auf der Rückseite findet sich der Ladeanschluss, für den man erfreulicherweise auf einen USB-C-Stecker zurückgegriffen hat. Glücklicherweise werden wir ab 2024 dank neuer EU-Richtlinie nicht viel anderes mehr sehen, aber auch ohne Richtlinie ist 2022 alles andere als USB C einfach nicht mehr zeitgemäß und gerechtfertigt.

Die beiden Ohrhörer sind abgesehen von der groben „Perforierung“ und dem eingelassenen T-Logo unauffällig. Die Stecker sind mit etwas über 5 Gramm zwar angenehm leicht, sind aber insgesamt recht dick und stehen deutlich über dem Ohr heraus. Das geht 2022 mit Blick auf andere Hersteller durchaus ein wenig kompakter. Die Ohrhörer lassen sich mittels den mitgelieferten Silikonaufsätzen an die Ohren und Ohrgehänge anpassen, Teufel liefert hier fünf verschiedene Größen mit, sodass für jeden Nutzer etwas passendes dabei sein sollte – immerhin ist der korrekte Sitz der In-Ear-Stecker für den Klang und vor allem auch für das ANC und den Transparenzmodus existenziell. Die einzige Besonderheit der Kopfhörer steckt in der Fläche mit dem Teufel-Logo, denn diese ist Berührungssensitiv und ermöglicht die Bedienung ohne zusätzliche Tasten, einschließlich der Lautstärke.

Bei der Verbindung über Bluetooth 5.2 geben sich die Teufel Real Blue TWS2 keine Blöße: Hat man die Schutzfolien von den Ladekontakten der Ohrsteckern abgezogen, setzt diese kurz in die Ladebox und anschließend wieder heraus wechseln die Kopfhörer automatisch in den Kopplungsmodus und sind in wenigen Sekunden mit dem Smartphone gekoppelt. Zum Koppeln mit einem neuen Gerät müssen die beiden Touch-Bereiche auf beiden Ohrsteckern für vier Sekunden gedrückt gehalten werden. Einmal miteinander gekoppelt, wird die Verbindung wieder hergestellt, sobald das Case geöffnet wird – umgekehrt wird die Verbindung getrennt, wenn das Case mit eingesteckten Ohrsteckern geschlossen wird. Zum Koppeln mit einem neuen Gerät müssen die beiden Touch-Bereiche auf beiden Ohrsteckern für etwa vier Sekunden lang gedrückt gehalten werden. Schade: Auf ein Multi-Pairing für einen schnellen Wechsel hat man anscheinend verzichtet.

Der Tragekomfort der Ohrstecker ist gut, sofern man die richtigen Silikonaufsätze gefunden hat. Ich persönlich favorisiere zwar das lose Steckerdesign der AirPods, vielen ist das aber wiederum zu generisch und natürlich ist ein abgeschirmter Gehörgang naturgemäß klangtechnisch die bessere Entscheidung. Kurz: Rein subjektives Empfinden. Im Tragekomfort unterscheiden sich die Kopfhörer aber nicht sonderlich von üblichen In-Ear-Kopfhörern und auch nach längerer Zeit werden sie nicht unangenehm und fühlen sich nicht wie ein Fremdkörper an. Sogar Joggen war mit den Kopfhörern möglich, wobei ich mich immer wieder dabei erwischt habe, diese nachzudrücken. Ich musste mich zwingen dies nicht zu tun und siehe da: Die Kopfhörer gingen dennoch nicht verloren. Wie gesagt: Ob man In-Ear-Kopfhörer mit Silikonaufsätzen mag oder nicht ist rein subjektiv und das Gefummel der Kopfhörer ist weniger dem Halt, sondern vielmehr der Gewohnheit geschuldet.

Die Bedienung der Kopfhörer erfolgt komplett über die Touch-Oberflächen am linken oder rechten Ohrstecker. Und diese fällt recht umfangreich aus: Ein  kurzer Tap auf den linken Ohrstecker reduziert die Lautstärke, ein kurzer Tap auf den rechten erhöht die Lautstärke. Per doppelter Berührung auf dem linken oder rechten Hörer wird die Wiedergabe pausiert, ein zurück- oder überspringen des Songs erfolgt per dreifachem Tap auf den linken bzw. rechten Ohrstecker. Der Sprachssistent wird mit einem längeren Druck auf den rechten Ohrstecker aktiviert, während ein längeres Halten des linken Kopfhörer die Geräuschunterdrückung und den Transparenzmodus ein- bzw. ausschaltet. Zu guter Letzt gibt es Gesten für Telefonanrufe. Da hilft wirklich ein Blick ins Handbuch. Schade ist, dass man bestimmte Dinge nur mit dem linken und rechten Ohrstecker steuern kann, aufgrund der Vielzahl an Funktionen aber kaum anders machbar, wenn man die Anzahl an Berührungen nicht endlos erhöhen möchte.

Eine App für iOS und Android hat Teufel den Real Blue TWS2 ebenso spendiert, diese hört auf den Namen Teufel Headphones und lässt sich natürlich auch für andere unterstützte Kopfhörer des Herstellers nutzen. Die App ermöglicht eine Kontrolle der Ladezustände der beiden Ohrstecker, kann das Active Noise Cancelling und den Transparenzmodus ein- und ausschalten und besitzt darüber hinaus auch einen Equalizer. Im Equalizer könnt ihr per Fingerwisch das Klangbild so justieren, wie euch euch am ehesten zusagt. Oder aber ihr setzt auf die speziell abgestimmten Empfehlungen von Teufel, beispielsweise für eine Bassverstärkung, Podcasts oder einer Hand voll Musikrichtungen. Kann man nutzen, ich persönlich empfand das voreingestellte neutrale Klangbild am gelungensten und damit bot die App leider zu wenig Mehrwerte, um sich einen dauerhaften Platz auf dem Smartphone zu sichern – was aber nicht am Mangel an Speicherplatz lag.

‎Teufel Headphones
‎Teufel Headphones
Preis: Kostenlos
Teufel Headphones
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Preis: Kostenlos

Die Real Blue TWS2 präsentieren sich klanglich sehr ausgewogen und da kann man nochmal auf die Design-Generik eingehen: Case und Gehäuse mögen zwar von der Stange sein, beim Innenleben hat Teufel aber sehr gut Optimierungen einfließen lassen. Für Teufel typisch ist auch bei neutraler Klangausrichtung der Bassbereich betont, ohne diesen aber zu dominant werden zu lassen. Insgesamt kann man die Kopfhörer auch in der Grundabstimmung quer durch alle Musikgenre wenig kritisieren, egal ob nun purer Rock, mit Technoeinflüssen gepaart (One Morning Left klingt ebenso gut) oder auch weniger in meinen Ohren befindlicher HipHop oder aktuelle Popsongs. Wer experimentieren möchte, der kann den Equalizer in der App gerne durchspielen, für meine Ohren fielen die Unterschiede aber nur minimal aus. Klanglich für mich ein kleines Alleinstellungsmerkmal der TWS2: Auch bei hohen Lautstärken gibt es keine Ausreißer, der Sound bleibt sauber und verzerrungsfrei. Das ist bei vielen Kopfhörern anders, wir reden hier aber über Pegel, bei denen Ohrenärzte wohl nur mit einem Facepalm reagieren können…

Beim Active Noice Cancelling (ANC) bin ich Zwiegestalten. Teufel setzt hier auf ein hybrides ANC, sprich es stecken sowohl Außen am Gehäuse als auch Innen Mikrofone, die im Zusammenspiel dann eben die Geräuschunterdrückung möglich machen. Hierzu ist natürlich wichtig, dass man a) die korrekten Silikonaufsätze gewählt und b) die Ohrstecker richtig ins Ohr gebracht hat. Tiefere Geräusche, wie z.B. Verkehrslärm oder Regen, werden zuverlässig reduziert. Stimmen sind dennoch weiterhin hörbar, wenn auch gedämpfter „hinter der Musik“. Das habe ich bei anderen In-Ear-Kopfhörern schon besser erlebt; den Real Blue TWS2 kann man aber zugute halten, dass sich der Klang bei aktiviertem ANC nicht verändert. Im Transparenzmodus wiederum werden die hohen Frequenzbereiche, wie eben Stimmen, von den Mikrofonen aufgenommen und wiedergegeben. Das funktioniert tatsächlich ganz gut und nur mit minimalen Unterschieden in der Klangfarbe.

Telefonieren ist natürlich auch möglich, da bestätigten alle Testanrufer den Real Blue TWS2 eine solide Sprachverständlichkeit – auch wenn ich an einer viel befahrenen Straße entlang spaziert bin. Bezüglich der Akkulaufzeit verspricht Teufel eine Gesamtspieldauer mit Case von über 25 Stunden ohne ANC, lässt man dieses dauerhaft aktiviert reduziert sich die die Dauer auf 18 Stunden. Mit einer Ladung sollen die Ohrhörer rund acht Stunden reichen, auch hier ohne aktivierte Geräuschunterdrückung. Ein in der Praxis durchaus realistischer Wert, den man je nach Lautstärke um ein paar Minuten erhöhen oder reduzieren kann. Mit eingeschaltetem ANC ist dann aber nach etwa fünf bis sechs Stunden Schicht im Schacht. Die Ladebox kann die Ohrhörer jeweils rund drei Mal aufladen, wobei man nach zehn Minuten rund 1½ Stunden Musikgenuss auf die Ohren bekommt.

Mein Fazit zu den Teufel Real Blue TWS2? Nichts genaues weiß man nicht. Klanglich liefern die kabellosen In-Ear-Kopfhörer sehr gute Arbeit ab, ich mag die Teufel-Abstimmung und wer mag, der kann noch immer auf den Equalizer in der Teufel-App zurückgreifen und sich ausprobieren. Bei der aktiven Geräuschunterdrückung gibt es zwar kleinere Schwächen bei dem Herausfiltern von Stimmen, was bei wenigen anderen Herstellern besser klappt. Für In-Ear-Kopfhörer geht das ANC aber absolut in Ordnung, man darf nur nicht den Fehler machen und eine Geräuschunterdrückung wie bei geschlossenen Kopfhörern erwarten. Bei der Akkulaufzeit der einzelnen Ohrhörer und der Ladebox kann man ebenfalls nur wenig meckern, egal ob mit oder ohne aktiviertem ANC. Bis hierhin sind es gute In-Ears. Allerdings ruft Teufel für die Real Blue TWS2 runde 150 Euro auf und eben dieser Preisbereich von 100-150 Euro ist wirklich dicht besiedelt.

Klar kann man klanglich als Allrounder punkten; der Unterschied ist aber nicht auffallend genug, vielmehr fehlen ein paar Komfortfeatures: So muss man auf Wireless Charging verzichten und die Ohrstecker besitzen trotz der pummelig-voluminösen Bauweise keine Ohrerkennung, die die Wiedergabe pausiert sobald man einen Ohrhörer aus dem Ohr nimmt. Hinzu kommt die Tatsache, dass bei den Real Blue TWS2 optisch und haptisch (das Ladecase macht keinen hochwertigen Eindruck) irgendwie keine wirkliche Teufel-Markenidentität spürbar wird – im Sachen Unique-Design zeigen Marshall und Sennheiser, dass dies möglich ist. Da hoffe ich einfach, dass man für die nächste Modellpflege mehr Liebe zum Detail investiert. Vornehmlich beim Klang und der Akkulaufzeit können die Real Blue TWS2 punkten, im Gesamtpaket gibt es für 150 Euro aber komplettere In-Ear-Kopfhörer mit ANC. Ich prognostiziere aber, dass man die Kopfhörer im Rahmen der für Teufel üblichen Angebote auch mal für einen Hunderter + ein oder zwei Zehner bekommt. Das wäre zumindest ein Preis, bei dem ich mitgehen würde.

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