Facebook: Der wohl größte Flickenteppich im World Wide Web

Marcel Am 10.08.2013 veröffentlicht Lesezeit etwa 3:15 Minuten

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Facebook – wohl kein soziales Netzwerk konnte solche Erfolge und Nutzerzahlen vorweisen wie der Internetriese aus Menlo Park. Galt das Tempo, welches Facebook noch vor einigen Jahren als Beispielhaft für ein modernes Unternehmen und Netzwerk, so darf man Facebook inzwischen wohl als den größten Flickenteppich im World Wide Web bezeichnen. Fast durchgehend arbeitet man im Hintergrund an neuen Funktionen, welche dann lediglich für einen Bruchteil an Nutzern „im Stillen“ verfügbar werden, oftmals gibt es dabei sogar unterschiedliche Änderungen für ein und die selbe Funktion. DAS eine Facebook? Gibt es nicht, im Grunde gibt es drölfzig verschiedene „Facebooks“ – und ich behaupte mal, dass man selbst im Konzern so langsam den Überblick verloren haben dürfte.

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Aber nicht nur bei den kleineren Änderungen „vergisst“ Facebook oftmals gefühlte 90% der Nutzer, gerade in Sachen Graph Search und den neuen Newsfeed wird es langsam richtig peinlich für den Riesen. Die Graph Search – Facebooks neue Suchfunktion, welche statt auf Schlagwörter nun auf semantische Suchanfragen wie „Finde alle Freunde aus Krefeld“ oder „Zeige Freunde aus Krefeld die Horrorfilme mögen“ verarbeiten kann – wurde bereits am 15. Januar 2013 vorgestellt. Am 15. Januar. Also vor fast genau sieben (!) Monaten. Kurz nach der Vorstellung konnte sich der geneigte Nutzer auch schon für eine Freischaltung in den ersten Wellen anmelden – dennoch dauerte es auch hier Monate, bis die ersten Nutzer die Graph Search testen konnten. Nun gab es vor ein paar Tagen die Meldung seitens Facebook, dass man die neue Suchfunktion nun für alle US-Nutzer ausgerollt hat. Tolle Sache, so nach sieben Monaten. Deutsche Nutzer oder Nutzer aus anderen Ländern? Hier schaut man noch immer in die Röhre – sofern man sein Facebook nicht zwangsläufig auf US-Englisch umstellen möchte. Wann man auch hierzulande in den Genuss kommen wird? Keine Aussage. Seriously?

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Anderes Beispiel ist der neue Newsfeed, welcher am 7. März 2013 vorgestellt wurde. Oder anders gesagt: Vor fast genau fünf Monaten. Auch hier konnte man sich als „Tester“ für die ersten Wellen der Ausrollung anmelden, aber dennoch: Kaum einer bekommt den neuen Newsfeed (welchen ich den Bildern nach sehr gelungen finde) angezeigt. Oder in Zahlen ausgedrückt: „3 deiner Freunde verwenden bereits das neue Design“. Und das sind Leute, die sich nicht einmal in die so oft zitierte Liste eingetragen haben. Ich habe mich fast direkt nach der Vorstellung angemeldet – und was hab ich? Den alten, verrotzen Newsfeed. Dem Gefühl nach wurde die Ausrollung gestoppt, fünf Monate für eine Designänderung. Seriously?

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Nun kann ich nachvollziehen, dass man die Graph Search erst einmal im „eigenen“ Land nochmal öffentlich testen möchte und dementsprechend nicht für alle Nutzer gleichzeitig ausrollt. Aber sieben Monate? So lange dürfte selbst die Entwicklung der Graph Search nicht gedauert haben. Vor allem, hat man sieben Monate gebraucht, um die Suche in der eigenen Sprache allen Nutzern zur Verfügung zu stellen – wie lange sollen Deutsche Nutzer dann noch warten? Das gleiche gilt auch für den neuen Newsfeed, wobei das im Grunde keine neue Funktion, sondern lediglich ein neues Design darstellt. Dies muss man sicherlich nicht an einem Teil der Nutzer testen, Design ist Design, die Browser hat man zur Auswahl – kann man alles intern machen. Verzögerte Ausrollung, damit die Server nicht überlaufen? Sorry, aber die Serverkapazitäten von Facebook dürften dafür ausreichen, auch der alte Newsfeed muss geladen werden, dürfte also aufs Gleiche auskommen. Und dass es anders geht, hat zuletzt Google mit Google+ gezeigt: Hier hat man das komplette Design über den Haufen geworfen und etwas neues präsentiert – und keine zehn Minuten später war das ganze für alle Nutzer weltweit live.

google+facebook

Und so bekommt mich langsam das Gefühl, dass ich wohl niemals die Graph Search auf Deutsch verwenden kann oder den vorgestellen Newsfeed angezeigt bekomme – oder ich bekomme den aktuellen „neuen“ Newsfeed angezeigt, wenn es wieder einen „neuen“ Newsfeed gibt. Oder so ähnlich. Man stellt Funktionen vor, während Monate vorher vorgestellte Funktionen nur für einen Bruchteil der Nutzer ausgerollt wurde. Man stellt recht spannende Funktionen vor, nimmt dann aber ordentlich Schub aus dem Medianbuzz und braucht so lange, dass die Features schon fast wieder langweilig oder „überholt“ sind.

Sollte Facebook also in 2-3 Monaten mal wieder etwas neues vorstellen (der Newsfeed ist nun auch immerhin fünf Monate her), so sollte man a) vorher alle angekündigten Funktionen ausgerollt haben und b) sich etwas anderes überlegen, statt die Nutzer so lange warten zu lassen. Ja, Facebook ist kostenlos – dennoch zahlen „wir“ irgendwie mit unseren Daten und der Verweildauer auf Facebook (Stichwort: Werbeanzeigen und Co.). So aber macht sich der wohl größte Flickenteppich im Web aus Menlo Park langsam etwas lächerlich… Und wo wir gerade einmal bei Facebook sind: Dieses Blog gibt es ebenfalls dort zu finden, „liken“ erlaubt.

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6 Kommentare vorhanden

Genau so ist es und es nervt.

Prinzipiell erstmal ein toller Artikel und ein toller Gedankengang. Allerdings fällt mir zu dem ganzen ein Wort ein: Monopol!

Aber holen wir etwas weiter aus. Microsoft hat mit Windows 8 vieles richtig und doch soviel falsch gemacht. Nun ein Jahr später stehen wir kurz vor der finalen 8.1 und haben Änderungen die gewünscht waren und das Spielen mit Windows wieder Spaß machen sollen. Aber seien wir beide als Software-/Webentwickler (Stichwort: WP-Appbox) mal ehrlich – die Änderungen bei Windows rechtfertigen kein Jahr Entwicklung! Das sind Firlefanz-Sachen, die vielleicht 10 Entwickler von Microsoft in einem Monat ändern können. Aber nicht tausende und nicht ein Jahr lang!!! Warum also braucht dieser riesige Konzern so lange? Er ist riesig! Keine Frage, aber er hat auch ein Monopol im OS-Markt. OSX, Ubuntu, Linux sind zwar vorhanden, sind aber nicht wirklich gefährlich. Also MUSS Microsoft hier nicht schneller handeln, weil es einfach nicht notwendig ist. Kundenfreundlichkeit? Wissen wir alle, wie hoch die bei solchen Unternehmen spielen.

Kommen wir nochmal zu einem zweiten Beispiel: dem Google Reader! Du hast es irgendwann mal selber geschrieben, dass Google ihn geschlossen hat, weil man Konkurrenten die Tür öffnen möchte – dem Nutzer ein neues Erlebnis bieten. Der Google Reader war ein Monopolist, Windows ist ein Monopolist!

Und auch Facebook ist ein Monopolist! Also geh zu Zuckerberg und sag ihm, dass du den Graph Search haben willst. Er wird dich auslachen, weil er es nicht nötig hat, auf einen kleinen Bengel zu hören. Weil, und das ist der entscheidende Punkt daran, er nichts zu verlieren hat. Solange eine Milliarde Menschen auf seinem Netzwerk täglich einhergehen, muss ihn das nicht kümmern. Damit er allerdings immer mal wieder in die Presse gelangt, ob gut oder schlecht, wird hier und da etwas angekündigt. Lieschen Müller interessiert es aber nicht, ob die Graph Search da ist oder nicht. Aber Facebook ist ihr wieder ins Gedächtnis gekommen. PR etwas anders.

Wir Geeks haben einfach manchmal einen etwas anderen Blick auf die technischen Dinge des Internets und das ist auch gut so. Aber die Masse machts und die schert es nicht, ob Facebook das angeküpndigte umgesetzt hat oder nicht. Ich würde die Suche vermutlich auch nicht jeden Tag nutzen und zähle mich aber zu einem intensiven Nutzer von Facebook und technisch versierten Rumprobierer.

Deine MEinung, dass dir das alles zu lange dauert und dass das einfach doof ist, kann ich vollkommen nachvollziehen, aber es ist und bleibt die fehlende Konkurrenz die schlafende Hunde weckt und solange Facebook da oben alleine auf dem Thron der sozialen Netzwerke sitzt, schläft es hin und wieder auch mal gerne ein. Microsoft musste schmerzlich akzeptieren, dsas der Mobile-Train am Berg vorbeigefahren ist und versucht diesen einzuholen, aber in Sachen OS nickern sie immer wieder gerne ein, so wie Google in vielen Sachen auch und Facebook eben noch viel mehr!

Übrigens liegt oben auf „Geschrieben am 10. Aug 2013 von Marcel · 2 Kommentare“ – auf den Kommentaren ein Link, der allerdings nicht runter zu den Kommentaren navigiert. Nur mal zur Info ;-).

Schon gefixt, danke.

Bezüglich Microsoft so glaube ich nicht, dass die ganzen Entwickler dort an zum Beispiel Windows 8.1 arbeiten – vielleicht ein, zwei Hänge voll, der Rest ist sicherlich mit „Windows 9“, „Windows 10“ und anderen Experimenten beschäftigt.

Im Grunde würde ich deine Aussage natürlich übernehmen, aber Facebook sieht sich selbst nunmal als „innovatives und frisches“ Unternehmen – und das repräsentiert es aktuell eben nicht. Natürlich weiß ich, dass es den Durchschnittsnutzer da draußen recht wenig interessiert (zumal dieser wohl mehr mit dem Smartphone auf FB unterwegs ist); ist ja überall so. Das aber ändert – wie du aber ja auch schon erkannt hast – nichts an meiner grundsätzlichen Aussage.

Genau, ich bin prinzipiell auch deiner Meinung und schließe mich auch Rene an: es nervt halt einfach, dass die Unternehmen nicht aus den Puschen kommen! Aber der wirkliche Knackpunkt ist halt: was bedeutet denn Schnelligkeit für ein Konzern, der keine Konkurrenz hat? Es macht ja generell niemand Druck. „Innovativ und frisch“ sind sie vermutlich auch, aber wenn niemand sagt, hey mach mal das fertig, dann haben die da auch nicht sonderlich Druck es fehlt eine echte Alternative!

Face ist eine schlafmütze und das gute es rennen immer mehr leute davon, bzw. der acount wird zwar nicht gelöscht, aber kaum noch genutzt. meiner ansicht nach hängt fb der zeit schon längst hinterher, aber das ist halt so,wenn man gross geworden ist denkt man man kann sich auf den lorbeeren ausruhen oder die ideen und wünsche der user ignorieren. wenn sie sie sich da mal nicht täuschen…..
(wer schnell aufsteigt-kann auf schnell auf die fresse fliegen und weiss nicht mal warum …..)

auch scheint sich dieser trend hin zu g+ und tumbl zu drehen.

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